Neulich hörte ich jemand hinter einer Ecke darüber sprechen, dass die alten Volkslieder aus Bayern mit zum Beispiel ihren Jodeleinlagen größere Tonsprünge rauf und runter machen als diejenigen aus dem flachen Land. Ich als Katze bin nicht wirklich mit diesen Kulturen vertraut. So stöberte ich im Internet und machte den fatalen Fehler, den Begriff Volksmusik für das Gewünschte einzugeben. Mein zartes Gemüt kann die Geräusche, die sich hinter dieser sinnentstellten Bezeichnung (wer bitte ist das Volk?) verbergen keine 30 Sekunden ertragen. Es reichte gerade um festzustellen, dass es da Unterschiede zwischen Nord und Süd höchstens noch in den Texten gab. Ansonsten ist das ein einziger Einheitsschmalz.
Gibt man allerdings Volkslieder ein, kann man direkt mal auf was Hörbares stoßen, nicht dass man das jetzt täglich brauchen würde. Es zeigte sich aber am Beispiel, die Tonsprünge waren in Friesland maximal zwei Töne (von möglichen Ausnahmen abgesehen), was jetzt keine Qualitätsbewertung sein soll. Jodelgesang ist da schon anders, deshalb aber nicht unbedingt besser.
Was aber der von mir hinter der Ecke belauschte sagen wollte, ist, dass die Gesänge von der Umwelt geprägt wurden. Hohe Berge – hohe Tonsprünge.
Was prägt also die Musik?
Sklaven erfanden wohl den Blues. Den hat Katze in Zeiten der Diktatur sehr geliebt, der wurde hauptsächlich von nur in der Szene bekannten Bands in düsteren „Tanz“sälen gespielt. Das war was. Die Leute die man traf waren irgendwie Gleichgesinnte, oft Studenten, man konnte sich mit ihnen spontan über irgendwas unterhalten, wie das jetzt zwischen Katze und Mensch funktioniert dazu komme ich vielleicht später.
Und es gab dort nicht die irgendwie Zufriedenen, für die war der Blues nichts. Was ist das Besondere am Blues? Ja, er hängt mit der Farbe blau zusammen, die nicht unbedingt als fröhliche Farbe gilt. Der Himmel und das Meer sind groß und blau und eigentlich eintönig. Trotzdem spannend. Die Musik beginnt meist mit einer Art Sprechgesang oder auch nur instrumental und es gibt einige mehr oder weniger typische Akkordwechsel. Das geht so eine Weile. Der Zufriedene beginnt spätestens jetzt, sich zu langweilen.
Andere jedoch bemerken die Spannung, die sich aufbaut, weil genau diese relativ monotone Musik Induktionen im Gehirn hervorruft. Es passt zu dem selbst erlebten.
Nun weiß man aus der Elektrotechnik, dass es Resonanzfrequenzen gibt. Bekommt also das schwingende System genau im richtigen Moment wieder einen Schub in die richtige Richtung, wird die Amplitude immer größer und es kann das System sogar zerstören.
Das Gefühl der Spannung wird also gesteigert.
Meist kommt es dann mal zu einer Art Outbreak, wo das Thema stark ausgebaut und mit oft anderen Instrumenten bis zur Unkenntlichkeit gesteigert wird. Das ist dann der große Erlebnismoment. Man kann das Stück nicht vorher beenden, es würde was fehlen. Das gilt natürlich nicht nur für den Blues.
Die eigenen Erfahrungen beeinflussen also den Musikgeschmack.
Man möchte etwas hören was irgendwie mit dem Leben harmoniert. Entwickelt man sich weiter, entwickelt sich auch der Musikgeschmack.
Es ist mir unerklärlich, wieso bei Ü40 Partys nur Musik aus der Zeit gespielt wird, als die sich jetzt in diesem Alter befindlichen Personen im Teenageralter befunden haben. Nicht dass ich je zu einer solchen Party gewesen wäre, aber manchmal stehen Musikbeispiele auf den Plakaten. Das ist gruselig. Offenbar ist das Normale, sich nicht zu verändern. Ist ja auch unbequem, lernt man schon bei Six Sigma.
Hört man Radio in Sachsen oder Sachsen-Anhalt,
ist nur bei sehr wenigen Sendern eine Veränderung in der Musiklandschaft zu vernehmen. Ein guter Bekannter aus den alten Bundesländern der jetzt in Leipzig wohnt bemerkte einst „die Radiosender hier würden die Menschen absichtlich verblöden“! Nach Bauchgefühl habe ich spontan zugestimmt. Aber ist sowas wirklich möglich? Kann umgekehrt die Musik, die wir aufgezwungen bekommen, unseren Geist beeinflussen? Sie beeinflusst ja schließlich auch unsere Stimmung.
Und genauso behaupte ich, dass die immer gleiche Musik auch die Einstellung zu Veränderungen im Leben beeinflusst. Und ich behaupte, dass zu viel Harmonie in der Musik und billige Melodien auch das Bedürfnis auf ein Leben ohne Unbequemlichkeiten und Herausforderungen steigert.
Die Jugend ist natürlich noch aufmüpfig und wird dann mit gewaltigen Werken von Gestört aber geil, Mark Forster oder Tim Benzko abgestraft.
Da schalte ich nach etlichen Monaten oder gefühlten Jahren mal wieder einen Sender ein, der jugendliches Publikum ansprechen will und dann höre ich immer noch genau denselben Müll, wegen dem ich den Sender damals abgeschaltet habe. Und es gibt noch mehr, mit dessen Namen ich mein Gehirn nicht besudeln will, schlimm genug was da schon drin ist.
Billig, billiger, am billigsten.
Es gibt sicherlich Computerprogramme, die das produzieren können. Man gibt paar Eckdaten vor, lässt den Zufallsgenerator über den nächsten Akkord entscheiden, der natürlich den Harmonieregeln entsprechen muss, und schon ist das Ding fertig. Dann noch eine niedliche Sängerin dazu und das Ganze den Radiosendern, die nicht so viel eigenen Stolz haben, angedreht. Wahrscheinlich gibt es sogar eine Belohnung von den Plattenfirmen, wenn jemand sich bereit erklärt, diese Machwerke darzubieten. Und dann bezahlt man trotzdem noch Rundfunkgebühren. Ich kann gar nicht so viel essen wie ich kotzen möchte.
Wenn die Hörerschar konsequent von Höherwertigem isoliert wird, glaubt sie, es gibt nichts Anderes. Das ist sowieso eine Eigenart der Menschen, sich für informiert zu halten, wenn sie ein Minimum an Informationen über ein Objekt erhalten haben. Es muss nur irgendwo ein Aha – Effekt auftreten, irgendwas passt logisch zusammen und man ist sogar klug genug, das zu verstehen. Meinungsbildende Medien wissen das natürlich. Zurück zu den Musikmedien, und den Meinungen, die sie beeinflussen.
Sie sagen uns: keine Veränderung und gezuckerte Harmonieschokolade.
Ja nichts Aufregendes. So muss auch das Leben sein. Schließlich schuftet man viel zu hart für das viel zu wenige Geld. Dabei hat man doch immer alles richtig gemacht, also so wie die anderen, die ja schließlich auch alles richtig machen, was denn auch sonst. Und man hat ja trotzdem auch was erreicht, obwohl der Kollege vielleicht ungerechterweise genauso viel oder gar mehr Geld hat. Naja, nicht so schlimm, es gibt Bier und pro Sieben. Oder andere Freizeitangebote. Was weiß der Nachbar schon vom Tauchen, Skifahren, Segeln oder was auch immer. Da geht man schon mit der Zeit und man hat auch den neuesten Fernseher und das tollste Handy.
Allerdings, Ausländer, wenn auch eigentlich nur wo anders in Deutschland, das geht natürlich gar nicht. Man ist natürlich Menschenfreund, aber mein Kind soll doch nicht islamistisch erzogen werden. Und Schnorrer, die nicht wie man selbst jeden Tag geschuftet haben und jetzt Anspruch auf unseren Wohlstand haben wollen, die richten unser Land zugrunde.
Energiewende? Die wollen doch nur unser Geld, die Strompreise steigen und es kommt nichts dabei rum. Die Windräder verschandeln die Umwelt. Kraftwerke brauchen wir immer noch, falls der Wind nicht weht. Das ist doch nur wieder so eine sinnlose Idee. Bis jetzt ging’s doch gut, warum soll’s nicht weiter gut gehen? Was soll der Scheiß? Die da oben wirtschaften doch nur in ihre eigene Tasche.
Industrie 4.0. Zwar noch nichts davon gehört aber die wollen uns doch nur ausspionieren und Leute entlassen. Irgendwann sind wir alle überflüssig. Und diesen Euro gibt es eh nicht mehr lange, das mit dem Europa funktioniert doch hinten und vorne nicht. Und dann wird Geld sinnlos für Raumfahrt verpulvert.
Gönnen wir uns die kleinen Freuden und fahren mit dem neuen Navi in den Freizeitpark oder fliegen nach Malle und lassen es uns gut gehen. Oder nach Thailand, aber das ist Ausland. Und auf Facebook wird dann auch noch mal Dampf abgelassen.
Also, welche Partei wähle ich? Die, der wir diesen ganzen Mist mit den korrupten Politikern zu verdanken haben? Wir brauchen eine Alternative! Alles muss so bleiben wie es irgendwann mal war.
…. miau….
Meine Katzenmusik auf Spotify und YouTube, falls Ihr mal reinhören wollt: