Das erste was einem dazu einfällt ist natürlich das Schloss.
Zum ehemaligen Oflag IVc, wo auch ein Neffe von Winston Churchill eingesperrt war, kommen heute noch viele englischsprachige Touristen. Das Museum mit den legendären Fluchtplänen ist jetzt wieder am Originalschauplatz.
Zu DDR- Zeiten war es in einem kleinen Häuschen in der Nähe. Zu dieser Zeit (und vorher schon) war im Schloss ein Krankenhaus mit geistig Behinderten und ich denke auch anderen Patienten untergebracht. Ein Sohn von Robert Schumann, “tief verblödet”, war auch hier. Ich hab’ in der Adventszeit oft dort mit dem Posaunenchor Trompete gespielt. Die Leute waren wirklich dankbar. Dann kam die Wende und Colditz wurde irgendwie europäisch und ich durfte als Mitglied meiner Truppe die Europahymne und noch etwas mehr vor Annemarie Renger spielen. Dann war da immer dieser tolle Schlossweihnachtsmarkt, und auch da waren unsere Bläserdienste umrahmt von Schlagergedöns aus der Konserve jährlich erwünscht.
Im Colditzer Kulturhaus war ich am Wochenende oft zugegen und hab da auch den Silvester mit dem Stromausfall erlebt, nachdem ich mit meinem Kumpel in Schwarzbach einen Kuhstall gemacht hab, um etwas Geld zu verdienen. Im Kulturhaus der ehemals recht bekannten Colditzer Porzellanfabrik hatte ich Tanzstundenunterricht. Leider umsonst. In Colditz wurden Schamottesteine produziert, Kompressoren gebaut und es gab ab und zu auch einige Berühmtheiten. Kurfürst Ernst, der einst mit seinem Bruder Albrecht von Kunz von Kauffingen aus Altenburg entführt wurde, welcher daraufhin in Freiberg geköpft wurde, hatte das Schloss wieder aufgebaut nachdem es von den Hussiten zerstört worden war. Dann ist er hier irgendwo bei einem Jagdunfall umgekommen. Friedrich der Weise, dem Luther seine erste Bibel gebracht hat, hatte das Schloss als Jagdschloss und ich dächte auch den Tiergarten angelegt. Das ist nur ein Auszug, Kurfürsten gingen hier ein und aus. Geht man auf den Markt, findet man dort die ehemalige Brauerei, deren Bier in Schwarzbach üblicherweise getrunken wurde. An der Außenwand sind weitere Colditzer Prominente.
Und hier wurden Pläne geschmiedet:
Oben am Schloss gibt es noch die evangelische Kirche:
(eine katholische gibt es auch, in beiden habe ich des Öfteren Trompete gespielt) und sonntags hat da das Tischlerei-Museum geöffnet:
Mit folgenden Öffnungszeiten:
Also hinein:
Ich bekomme eine exklusive Führung und kann mir die Werkzeuge und Maschinen genau besehen. Die Tischlerei wurde um 1907 eingerichtet und alles funktioniert heute noch, manches im Originalzustand. Ich bekam verschiedene Maschinen vorgeführt und wenn die Mechanik schnurrt da schlägt das Herz gleich höher. In der unteren Etage ist eine Transmission, die mir auch vorgeführt wurde. Drehrichtungswechsel werden durchgeführt, indem man den Antriebsriemen auf eine Welle schiebt, die mit einem Riemen über Kreuz angetrieben wird. Genial. Auf meinen Hinweis, dass man doch schnell die Finger hier einklemmen könnte, erfuhr ich, dass die Schutzgitter nur abgebaut wurden damit man die Mechanik besser sieht. Schon damals wurde großer Wert auf Arbeitsschutz gelegt.
Kommt man dann aus dem Museum ist dann um die Ecke gleich gegenüber der Schlosswächter, das älteste Gasthaus von Colditz, der vor zwei Monaten eröffnet hat. Das war noch eine positive Überraschung: gemütlich, professionelle freundliche Bedienung, Essenauswahl nicht zu groß und nicht zu klein. Sehr angenehm.