Faszination der 1920er Jahre mit Weimarer Republik, Architektur des Bauhauses und Junkerstechnik… also Aufbruch in die moderne Zeit, Aufbruch in ein schönes Leben mit Industrie als Wohlstandsbereiter heutiger Bequemlichkeit.
Alles das, was wir jetzt wieder zurückdrehen wollen, sozusagen vom Wasserklosett zurück zum Outdoorbalken, ist jetzt ein verpöntes Mitbringsel der Ressourcen verzehrenden Industrialisierung. Also, was damals ein total brauchbarer, innovativer Fortschritt war, gehört jetzt in die Ökotonne oder wenigstens recycled.
Damals weg von altem, aufwendig „Verschnörkelten“ hin zum geradlinig Einfachen und für jedermann Erschwinglichen.
Was in den 1920ern bedeutete mit Einfachheit zur Erschwinglichkeit bedeutet jetzt in den 2020ern mit Einfachheit zur Ertragbarkeit der viel zu komplexen Umwelt um uns herum. Zwei interessante vergleichbare Ansätze mit unterschiedlicher Zielstellung.
In den 1920ern bedeutet das Weg von der gemütlichen und aufwendigen 1 bis 2 PS Mobilität, hin zur motorisierten Unabhängigkeit, die jetzt in den 2020ern so schnell geworden ist, dass einen ganz schwindlig dabei wird und die Bestrebungen wieder zurück zur 1 bis 2 PS Mobilität tendieren. Allerdings DAS dann nur mit Hilfsbatterie für die eigene Bequemlichkeit und so gar nicht konform mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.
Ja, früher war das einfach, so evtl. 1 bis 2 Kommunikationskanäle unabhängig und nacheinander zu bedienen. Jetzt bedient man mindestens 4 bis 5 Kommunikationskanäle gleichzeitig.
Deshalb brauchen wir heute unbedingt um uns herum Spartanismus und Langsamkeit oder mindestens eine KI zur Unterstützung. Vlt kann ja die 2 bis 3 Kanäle der Kommunikation für uns übernehmen? „Ich habe 3 Telefone und an eins gehe ich (persönlich) ran.“1 „Wie denn?“ „Wie denn?“ „Wie denn?“1
Also alles andere herunterfahren oder einfach „Kiffen“ gehen. Darf man ja jetzt, also nur nicht auf dem Spielplatz oder in der Schule, aber auf dem Balkon neben dem Kinderzimmerfenster wohl schon. „Wie denn?“, „Wie denn?“, „Wie denn?“1
Wer hat sich das denn alles so überlegt?
Aber, wie soll man denn sonst alles so überstehen? Saufen, so wie früher geht nicht, da wird man fett von und der BMI überschreitet den Schlankheits- und Optimierungswahn. Nö, von Kiffen wird man nicht fett. Das passt dann schon in jede vegane Ökonachhaltigkeitsklamotte.
Unbedingt weg von der industrialisierten Funktionssportswear und hin zur Öko Schafswolle mit Leinenanteil der Bauern, die im Traktor unsere Straßen blockieren, damit die Ukraine wieder Zölle auf die Getreideeinfuhr zahlen muss und der „Bio“- Diesel wieder bezahlbar wird. Vlt sollten die sich wieder CO2 pupsende Pferde und Kühe anschaffen, dann hätten wir das Problem mit dem CO2 Diesel gelöst und mit Pferden und Kühnen kompensiert – naja, oder so ähnlich – hä?
Ach, da ist es doch einfach mal schön, wenn man in Halle zu Himmelfahrt abtauchen kann in den Aufbruch der 1920er Jahre und so ein damals modernes Parkhaus von 1927 besichtigen kann. HEUREKA! Was waren das noch für Ingenieure früher.
Also, Ihr wisst, Ingenieure sind die Fachleute auf dem Gebiet der Technik. <- Das kann man in Wikipedia nachlesen.
Das sind also nicht die, die man in der Werbung als Idioten hinstellt – nö. Also, das sind eher die, die wie z.B. der Herr Tutenberg viele coole Sachen bauen, so wie z.B. die „Großgarage Süd“ in Halle/ Saale oder viele coole technische Konzepte im Sinn haben, also nicht die, deren coole Konzepte daraus bestehen Dir Dein cooles Geld aus der Tasche zu ziehen. Z.B. für die vielen Broker, die mit 5% Deines Verdienstes Deine Aktien verwalten wollen, die dann aus irgendwelchen, leider nicht vorhersehbaren Gründen ins bodenlose fallen und zu einem schulterzuckenden Unlogikwölkchen2 verpuffen.
Aber gut, die brauchen wir ja für die vielen coolen Kredite, die ein Ingenieur für sein Start-Up Unternehmen benötigt.
… und hoffentlich geht alles gut, damit er nicht, wie der Herr Tutenberg seine Garage wieder verkaufen muss. – ABER! – Es gibt sie immernoch und unbedingt sehenswert.
Für eine Fahrradtour durch Halle wäre das ein guter Haltepunkt … und man kann vorher am Johannesplatz noch ein kühles Eis essen.
Was sollte die Garage nicht alles bedienen, „ein Rundumservice, der Tanksäulen, Reparaturwerkstatt und Wagenwaschanlage ebenso einschließt, wie Toiletten, Bäder, Duschen und Aufenthaltsräume für die Nutzer. In dem Bürohaus, das Tutenberg zwischen Garagenhaus und Einfahrt plant, soll es außerdem einen Verkaufsraum für gängige Bereifung sowie alle Zubehör- und Ersatzteile geben, Schlafräume für die Chauffeure und Herrenfahrer, einen amerikanischen Frisiersalon für Damen und Herren, nicht zuletzt eine Telefonanlage mit diversen Anschlüssen, so dass die Chauffeure, wo immer sie sich in der Garage aufhalten, jederzeit ans Telefon gerufen werden können.“3 Na, habt Ihr das Prinzip erkannt?
Vorher könnte man sich auf seine Radtour durch das Halle der 1920er Jahre auch noch das alte Capitol, welches ursprünglich als Reithalle erbaut, aber dann durch den Architekten Walter Thurm 1928 zu einem Lichtspielhaus in expressionistischer Architektur umgestaltet wurde, ansehen.4
Leider kommt man nicht dicht genug ran, da Zaun, aber man kann durch die Gitterstäbe durchfotografieren – als Selfie allerdings ungeeignet, es sei denn man möchte ein „Knast“-Bild.
Ein sehr schönes Bauwerk, was sicherlich eine gute Zeit in den 1920ern hatte. „ein Kinoneubau, in dem sich äußerlich Neue Sachlichkeit mit expressionistischen Elementen mischt und der den Besuchern innen mit seiner Ausmalung im Stile des Art déco und mit seiner raffinierten Beleuchtung einen Hauch von Glamour vermittelt.“3 Tja, vorbei die Zeit und leider nun noch nicht mal mehr ein Club Kino.
Wie wäre das schön, wenn das Capitol so wäre wie das Sigmar in Chemnitz, was witzigerweise ursprünglich auch „Lichtspielhaus Capitol“ hieß. Sooo gemütlich, mit Wein zum Film. Absolut empfehlenswert, wenn Ihr mal in Chemnitz seit. – Naja, immerhin gibt es im Capitol „Glamour“ Tanzveranstaltungen und vlt gibt es ja auch mal eine 1920er Jahre Party.
Ok, wäre das cool.
Im Übrigen, ein bisschen 1920er Jahre Feeling kann man abgreifen z.B., wenn man zum Picknick in die Kunsthalle in der Talstrasse geht. Die haben dort öfter mal gute Musik in diese Richtung.
Aber weiter auf unserer Memorial Tour durch Halle, könnte man, bevor man in die Innenstadt fährt um die alten Kaufhäuser anzusehen, noch mal schnell einen Abstecher zum Wasserturm Süd machen. Der wurde 1927 gebaut und die Häuser um ihn herum zeigen ein Spektrum von Gründerzeit bis Jugendstil, bis Aufbruch in die Moderne. – Also die Zeit, wo jedermann an Billighäusern mit Gartenparzelle herumexperimentierte. Viel erschwinglichen Wohnraum gegen die Wohnungsnot. Halle ist da ja ein bisschen altbacken konservativ, aber Dessau mit Gropius‘ Bauhaus schafft in 0 – Komma – nix eine zukunftsweisende Siedlung in Dessau Törten.
Man sollte meinen, die Architekten tummelten sich in dieser Zeit in allen Städten umher und experimentierten mit den verrücktesten Häusern herum. Muss das eine schöne Zeit gewesen sein.
Dann zurück zur alten Hafenbahntrasse, ein wirklich gelungener Rad- und Spazierweg, bis hin zum Hauptbahnhof schön zu fahren. Ab dort kann man dann durch Halles verlassene Einkaufspassage unter dem Riebeckplatz über die Leipziger Straße bis hin zum Leipziger Turm, wo gegenüber noch das ehemalige, aber noch existierende „Haus Broskowski“ vor sich hin gammelt, radeln.
Ich glaube, ich bin nicht zufrieden, mit den Leuten, die unsere Stadt regieren. Warum muss man eine so wunderbare Stadt so vergammeln lassen? Die ganze Innenstadt vergammelt und Straßen mit Löchern so tief, dass man sich hier unbedingt einen SUV kaufen muss um nicht mit seinem Lastenfahrrad in den Tiefen zu verschwinden.
Ein Stückchen weiter strahlt noch der alte Name „Ritterhaus“ vom Türmchen. Aber leider gibt es das alte Haus nicht mehr, genauso wie das Kaufhaus „Huth“ am Markt Neubauten weichen musste.
ABER! Immerhin, gleich neben dem „neuen theater“, existiert noch das hübsche Gebäude des Kaufhauses „Assmann“ immer noch als Kaufhaus.
So, und da man wegen dem „nt“ nebenan jetzt plötzlich Lust auf Kultur bekommen hat, aber das „nt“ eben noch zu hat, kann man hinunter zur Moritzburg fahren, sein Rad im Hof abstellen, zur Ausstellung gehen und dann gemütlich im Hof, ruhig und umgeben von angenehmen Leuten, einen leckeren Kuchen mit Kaffee verputzen UND! über die Ausstellung und die 1920er Jahre philosophieren.
Natürlich kann man auch in eine der vielen Gaststätten der kleinen Ulrichstrasse gehen, oder ins Kaffee Nö, oder weiter zur Saale mit Picknickkorb am Saaleufer, evtl. gegenüber der neu sanierten Brauerei die Welt genießen.
Eure Jana
1 – Deichkind mit „Wie denn?“
2 – vgl. Douglas Adams „Per Anhalter durch die Galaxis“
3 – Heidi Ritter, Eva Scherf „Glamour, Glanz, Geschwindigkeit? Die 20er Jahre in Halle; Hasenverlag Halle/ Saale; 2008; Mitteldeutsche Kulturhistorische Hefte; Nummer 14; Herausgeber: Peter Gerlach und Moritz Götze; S. 74/ 75. und S. 16 zum Capitol
4 – Vgl. Website des CAPITOL; aufgerufen 26.05.2024