Default 0 (Cryptokitties Teil 1)

Cryptokitties
Cryptokitties

Alles begann damit, dass ich nun im Urlaub endlich mal die Zeit hatte, den Spiegel gründlich zu lesen. Um wieviel mehr wäre mein Leben jetzt in Ordnung, wenn ich diese Zeit oder diesen Spiegel nicht gehabt hätte. Man schrieb da mal wieder von Cryptowährungen wie den inzwischen allgemein bekannten Bitcoin und über Ethereum, was neu für mich war. Ich ärgerte mich wieder, dass wir vor einem Jahr oder so nicht die 100€ in Bitcoin investiert haben, wie wir es eigentlich vorhatten.

Es war wieder die Rede von Blockchains und dass manche behaupten, dass der Stromverbrauch der Computer – und Kühltechnik für das Schürfen der Währungen inzwischen dem Energieverbrauch von Dänemark entspricht (Spiegel vom 6.12.2017). Könnte man da nicht Wärmepumpen einbauen, fällt mir da so ein? Die Schürfer haben wahrscheinlich andere Interessen. Dass die Blockchains immer größer werden und vielleicht dadurch mal nicht mehr beherrschbar, darüber hatte ich schon mal gelesen, das kam hier gar nicht so raus.

Was aber rauskam das waren die niedlichen Kitties. Jede einmalig. Man kann sie kaufen und wenn man zwei hat, ich glaube auf Geschlechter wird hier nicht so viel Wert gelegt, da brüten die dann eine neue Katze aus, was für Säugetiere eigentlich eher ungewöhnlich ist. Ich traute mir zunächst nicht, die Bilder meiner anwesenden Tochter zu zeigen. Sie könnte einen motivierenden Einfluss auf mich ausüben, diese Kitties für sie zu beschaffen.

Das besondere an den süßen Mietzchen ist, man kann sie nur für Ethereum oder kurz Ether kaufen.

Am nächsten Tag, als Kind in der Schule war und Frau mit mir zusammen Urlaub hatte, zeigte ich ihr die Kitties. Nun übte sie diesen motivierenden Einfluss aus, mit der Option, mich dabei zu unterstützen.

Dann war nichts mehr wie es war.

Erste Frage: Woher bekommt man Ethereum. Anstatt den Artikel nochmal anzuschauen und daraus zu lernen, was man ja eigentlich sogar schon wusste, dass man dazu ein sogenanntes Wallet benötigt, geht man wie gewohnt auf Default null und googelt Ethereum kaufen. Wow, da gibt es ja etliche Möglichkeiten. Ich gehe nicht auf den ersten Link mit dem besten Anbieter sondern irgendwie auf den zweiten. Und klicke da einen hochgelobten Anbieter an. Sofort bekomme ich mitgeteilt, dass ich im Begriff bin, sehr sehr reich zu werden. Mhm. Trotzdem weiter. Email Namen und Passwort zum Erstanmelden. Passwort nicht wiederholen, das ist ungewöhnlich. Ich nehme ein Passwort mit Großundkleinschreibung und paar Nullen und einer anderen Zahl. Es kommt sofort eine Meldung, es wäre nur A-Z und Zahlen erlaubt und keine Sonderzeichen. Häh? Etwa nur Großbuchstaben? Von mir aus. Geht auch bloß nicht. Ich mache alles Kleinbuchstaben und lasse die Nullen weg. Jetzt geht es. Schnell aufschreiben und nicht drüber nachdenken. Eine Seite öffnet sich und in einer Art Forum erzählen viele glückliche Menschen, dass sie nur Winterreifen wollten und sich nun ein neues Auto gekauft haben dank eines durch dieses Portal unverhofft verursachten Geldsegens und ähnliche Stories. Dazu poppen ständig Meldungen auf wo weiteren vermutlich sehr glücklichen Menschen Geldgeschenke gemacht werden. Man soll jetzt eigentlich fühlen, dass man nur noch einen Mausklick davon entfernt ist, auch so ein glücklicher Mensch zu werden. Doch Vorsicht: Als seriöses Portal weist dieses natürlich darauf hin, dass man auch Geld verlieren kann. Ja, auch das gehört dazu. Da wird einem sofort klar, das sind nicht irgendwelche, die einen nur über den Tisch ziehen wollen. Hier begegnet man sich auf Augenhöhe und bekommt auch Unterstützung, wenn man sie braucht. Dann der Button: Entweder Simulation oder gleich richtig einsteigen und handeln.

Typen wie wir kleckern nicht, die klotzen, also handeln. Nächstes Fenster: Ethereum kaufen und dann ein großes weißes Fenster. Weiter nichts. Liegt’s am Browser? Es waren keine Vorgaben gemacht worden und ich arbeitete durchaus mit einem verbreiteten Gerät eines Marktführers auf dem neuesten Stand der Technik.

Also raus da und an den großen Mac. Ich hätte jetzt irgendwo ein Login erwartet, da ich ja inzwischen angemeldet war. Fehlanzeige. Ich machte also ein weiteres Sign in und erwartete schon, Name wäre bereits vergeben, aber ich kam rein und man kannte mich. Doch das Fenster war genauso weiß. Damit war dieses Portal erstmal aus dem Rennen.

Ich googelte und wählte jetzt den besten Anbieter, wie ich schnell erfahren konnte. Das Eingangsbild sah auch professioneller aus, und mein Passwort ging auch. Aber irgendwie war ich jetzt etwas genervt und im nächsten Moment klingelte das Telefon. Ja, die Handynummer hatte ich angegeben, bei dem vorigen und bei diesem. Ein Anruf aus Frankfurt. Ich hätte soeben deren Webseite besucht und das war ganz richtig so weil ich jetzt bei einem großen wenn nicht Europas größtem Handelsportal oder irgendsowas gelandet war. Und ob ich denn schon Erfahrungen hätte. Nein. Nein? Gut, das trifft sich, es gibt da eine Sonderaktion und gerade jetzt im Dezember bietet mir ein Berater seine Hilfe an, der sonst nur Leute mit mindestens ich glaub einem Jahr Erfahrung und 40000€ Umsatz betreut. Das ist doch was. Nein ich will das nicht. Wieso, ich wöllte doch ein Zweiteinkommen? Nein. Was denn dann? Ein paar Ethereum (bestimmt völlig falsch ausgesprochen) mit denen ich mir ein paar Cryptokitties kaufen kann. Kurzes Schweigen doch dann ging es weiter. Ich sah sehnsüchtig auf die Auflegetaste von meinem Handy und drückte sie. Endlich wieder Ruhe.

Wenn man schnell persönlich beraten werden möchte empfehle ich diesen Weg. Kein „Wenn sie wegen einem technischen Problem anrufen drücken sie die 1“ usw. Voll direkt und schnell. Und nur um dir zu helfen. Allerdings bekam ich von dieser Nummer keinen Anruf mehr, irgendwas hatte ich wohl falsch gemacht.

Ok weiter jetzt mit der Anmeldung. Paar Daten, muss wohl so sein. Dann musste man aber schon mal schnell was einzahlen mit Kreditkarte, einen Mindestbetrag. Ok, ein Wochenendeinkauf plus einem guten und nützlichen Angebot bei Tchibo. Das geht mal so. Doch jetzt wollen die noch Foto von Personalausweis und Telefonrechnung oder sowas und Steuernummer. Häh, das Geld haben die doch schon? Mir wurde es etwas mulmig. Nun ja, ging alles irgendwie smooth. Und dann ein Fragetest. Den hat meine Frau ausgefüllt, ich stand ihr mit Rat und Tat zur Seite. Haben sie schon Erfahrungen? Nein. Mit welchen Beträgen habe sie bisher so gehandelt? Ein „keine“ stand nicht zur Auswahl. Ein Paradoxon. Ok, klicken wir eben den kleinstmöglichen Betrag. Dann kommt Fachwissen, ohne das man offensichtlich nie niemals in so einem Portal sein dürfte. Ich kann keine der Fragen auch nur annähernd wiederholen und würde sie auch nicht wiedererkennen. Anklicken nach der Zufallsmethode. Sollte es eben doch nicht sein mit der Handelei. Dachten wir.

Nachdem wir alles so schön falsch beantwortet hatten standen uns alle Wege offen. Handeln konnte beginnen. Meine Frau war schnell und versuchte was zu kaufen, wo die Bezeichnung ETH auf Ethereum hindeutete. Mit .m hintendran. Ok, wir hätten dazu 30000€ benötigt, deshalb konnte der Kauf nicht stattfinden. Man sind die kleinlich. Mit einigen mathematischen Vorkenntnissen durchschaut man dann doch ein wenig das System, und was ein Lot ist und das das .m Tausendstel oder sowas bedeutet. Es wurde nochmal gegoogelt und es stellte sich sehr schnell heraus das ETHEUR tatsächlich die Umrechnung Ethereum zu Euro war und man also mit Euro Ethereum kaufte. Ähnlich lief es dann mit Bitcoin.

Später beim Einkaufen in der Stadt kam dann ein weiterer Anruf aus Frankfurt doch mein Handy hatte sich mal wieder stumm geschalten. Auf einer einstündigen Autofahrt kam dann

noch ein Anruf aus Berlin, einer von der letzten Nummer aus Frankfurt und einer aus Köln. Im Auto konnte ich da natürlich nicht rangehen. Wow, die kümmern sich echt um einen. Jetzt bin ich wichtig.

To be continued…. 

Cryptokitties Teil 2