Das Leben der Coronia C. – Fortsetzungsroman, vielleicht

Das Leben der Coronia C.

1. Coronia

Coronia C. befand sich gerade in ihrer Selbstoptimierungsphase als sie heimgesucht wurde von regelmäßigen Katastrophen wie Wirtschaftskrisen, Finanzkrisen, Umweltkrisen und zu guter Letzt auch noch Pandemiekrisen.
Da half auch kein regelmäßiges Joggen oder Selbstfindungsyoga mehr und auch nicht ihre Veganität.
Sie konnte auch nicht mehr in ihre Arbeit als Wirtschaftspsychologe flüchten, da dort der Ellenbogenkampf durch die agile Organisation sich mehr und mehr erschwerte. Sie wusste einfach nicht mehr, wen sie beeindrucken musste, da sie dauernd die Strukturen änderten.

Einen auf Familie machen wollte sie jetzt auch nicht. Da war sie einfach mit ihren 38 Jahren noch zu jung.

Sie hatte versucht sich in Depressionen zu verfangen, dann hätte sie wenigstens tiefgreifende Gespräche mit ihrem Psychologen führen können, aber auch das hat nicht funktioniert und die Sache mit den Verschwörungstheorien im Netz machten ihr einfach keinen Spaß und außerdem fehlte ihr da die Phantasie.
Die ging ihr in frühster Jugend bzw. Kindheit schon verloren, da sie sich schon bei Zeiten allein mit ihrem Handy beschäftigen musste. Ihre Eltern waren beide berufstätig stark eingebunden und hatten einfach andere Interessen als Kinder, was ja völlig klar und verständlich ist, da Kinder in der heutigen Zeit eben erst nach der Arbeit und den Haustieren kommen. Aber, das machte ihr jetzt nichts aus, denn sie hatte sehr viel Spaß mit ihren Eltern in der Zeit, wo sie eben Zeit hatten, auch, wenn die sehr knapp war.

Ihre Berufe als leitender Angestellter einer großen Firma für Unternehmensberatung und als Finanzmanager einer weiteren großen Firma waren sehr wichtig für unsere Gesellschaft und das Geld, was verdient wurde, brauchten sie sehr dringend, für die Häuser, die sie besaßen, die qualitativ hochwertigen Autos und die Familienurlaubsreisen mit denen sie ihr Umfeld immer sehr beeindruckten und natürlich auch das viele andere hochwertige Besessene, was ihren individuellen Lebensstil repräsentieren sollte.
Auch sie mussten sich eben von der breiten Masse abheben um interessant zu wirken und beneidet zu werden. Das machte ihnen sehr viel Freude und trug dem Familienwohl bei.

Das Leben der Coronia C.

Leider hatte es nicht geklappt, dass ihr Vater die damals angestrebte Laufbahn mit Karriere in der Politik weiterführen konnte, da er seine Bachelor-Arbeit nicht selber geschrieben hatte und ein Irgendjemand das herausfand, was sehr ärgerlich war, denn als Politiker hätte er bestimmt mehr Zeit für seine Familie gehabt.
Naja, und ihre Mutter konnte eben auch nicht anders. Sie war eine der damals aufstrebenden „Hallöchen“- Frauen, die in die 30%-Quote fiel und wurde somit hochgepuscht ob sie wollte oder nicht. – Naja, Gott sei Dank fiel sie da nicht rein, weil ihre jetzige Firma diese 30% Quote schon übererfüllt hatte, da sie noch von den alten Ausprägungen aus der DDR-Zeit profitierte. So what – jedenfalls sitzt sie jetzt im Homeoffice und denkt neben ihrer kreativen und überaus befriedigenden gut bezahlten Highlevel Arbeit über den Sinn des Lebens nach. Aber eben halt nur soweit, dass es nicht zu einer Depression reicht. Trotzdem aber fühlt sie sich mit ihren Problemen total missverstanden. Ok, sie muss nun nicht um ihr Leben fürchten so wie ihre Urgroßeltern, die im Krieg aufgewachsen sind und wo der Krieg alles was sie hatten zerstörte und wo leider niemand mehr über Details redet, da wohl ihr Urgroßvater damals in der SS oder so war und auch ihre Großeltern erzählten nicht viel über ihre Vergangenheit im Kommunismus der DDR, der Opas Karriere völlig kaputt gemacht hatte, da er nicht wie alle anderen seiner damaligen Klassenkameraden kommunistisches Brainwashing und Linientreuheit mitgemacht hatte.
Na wenigstens haben ihre Eltern das System verstanden und gliedern sich anständig darin ein um dadurch maximalen Profit für ein besseres Leben zu erwirtschaften.

Das funktioniert jetzt wirklich sehr gut und sie arbeiten ja auch nicht in irgendwelchen umweltfeindlichen Unternehmen. Sie helfen nur bei deren Geschäften und bei der Umorganisation derer Strukturen für ebenfalls maximalen Profit. Das, damit unsere Gesellschaft reich wird, zumindest reicher als andere Gesellschaften. Das, weil es immer gut ist, wenn man die Nase vorn hat im Weltgeschehen. Man will ja schließlich eine gewisse Macht haben um seine Interessen durchzusetzen.

Im Übrigen ist Macht schon eine tolle Sache. Man kann damit nicht nur andere Völker unterdrücken, man kann auch im kleineren Stil einfach nur seine Mitmenschen unterdrücken. Das funktioniert so ähnlich wie bei einem Rudel Wölfe. Es werden die Positionen ausgebissen und so steht man dann eben im Rudel der Gesellschaft da, als Schaf oder als Wolf oder als schwarzes Schaf. Als Schaf mit Maske sozusagen, wegen der Pandemiekrise – darüber musste sie jetzt lachen, weil sie sich das jetzt gerade sehr lustig aussehend vorstellte.

2. Rosamunde

Oh! Der erste Termin ihres heutigen Arbeitstages stand an, natürlich über Bildtelefon aus dem Homeoffice. Sie war sich jetzt nicht ganz sicher, ob sie sich Schminken solle oder nicht. In den Medien und YouTube Kanälen die sie täglich konsumiert, sagen alle, man solle sich so herrichten, als würde man ins Büro gehen. Selbstverständlich glaubt sie da den Medien und außerdem sieht sie sehr hübsch aus in ihrem Bürokostüm. Sie ist schon eine Individuelle, die genau den Zeitgeist der Masse trifft.

Sie ist eigentlich ganz zufrieden mit ihrem optimierten Aussehen. Allerdings die kleinen Fältchen um ihre hübschen großen Augen machen ihr ein bisschen Sorge. Ihre Kollegin, die 27 jährige Rosamunde hat die noch nicht, aber dafür hat sie einen dicken Hintern, was man nun blöderweise jetzt am Bildschirm nicht sieht. Sie überlegt, wie sie es hinbekommen kann zwischendurch mal aufzustehen um ihre makellose Figur zu präsentieren.

Also in ihrem Instagram Account ist es ja einfach mit dem Gesicht, da retuschiert sie die Fältchen mit den gängigen Filtern einfach weg. Man könnte doch für das Homeoffice nun wirklich auch etwas Ähnliches erfinden, denkt sie und überlegt vor dem Meeting noch ein Smoothie zum Mittag zu trinken.
Den sie sich da jetzt gemacht hat, der soll sehr gut für den Darm sein und somit über den Darm die Haut im Gesicht straff halten. Sie hat viel darüber gelesen, da sie sich immer sehr viel mit sich selber, ihrer Psyche und natürlich ihrem Aussehen beschäftigt. Sonst hat sie jetzt nicht so viel, was sie interessiert.

Also, sie sieht schon richtig gut aus – für ihr Alter – und ist sehr selbstbewusst. Sie kann ganz leicht andere in die Ecke drängen. Dumm ist das jetzt nur mit der Rosamunde. Damit hat sie ganzschön zu kämpfen und was wird erst, wenn sie älter wird und noch mehr Falten bekommt? Egal, sie ist perfekt in ihrem Job und trifft immer die richtigen Entscheidungen. Sie hat immer ein gutes Gefühl an wen sie sich halten muss um Erfolg zu haben.

3. Karl

Sie hat sich auch den richtigen Freund ausgesucht, einer, der zu ihrem Lebensstil passt. Allerdings kamen ihr jetzt Zweifel, ob das der richtige Weg ist. Klingt schon ein bisschen spießig. Im Moment ist so ein Normalo-Leben überhaupt nicht hip. Sie hat gelesen, dass Menschen, die sich geschlechtslos fühlen und damit zu kämpfen haben, gerade mehr im Kommen sind. Da könnte man sich sehr gut mit Diskriminierung und Gleichheit auseinandersetzen. Früher dachte sie auch mal, sie wäre lesbisch, aber dann hat sie Karl kennengelernt und es ging einfach nicht mehr mit ihrer damaligen Freundin.

Das Leben der Coronia C.

Sie haben sich damals sehr lange und unter sehr vielen Tränen ausgesprochen und getrennt. Das war eine anstrengende Zeit für sie gewesen. Karl unterstützte sie damals sehr. Er ist einer der feinfühligen Metro-Männer, der einfach zuhören kann und sie versteht. Sie redeten oft bis in die Nacht hinein über ihre Beziehung und deren Verbesserung und in letzter Zeit halt über die Geschlechtslosigkeit.

Vielleicht sollten sie das mal ausprobieren. Das wäre einfach eine neue Ebene ihres Daseins und einige Menschen machen in dieser Richtung auch schon Karriere auch, wenn niemand weiß, wie man das dann mit den Artikeln macht und damals z.B. bei den Pionieren der Luftfahrt wusste man ja auch nicht, wie das alles funktionieren sollte.

Und man sieht auch wieder, jetzt durch die Corona-Pandemie, wie schnell sich alles ändern kann. Fliegen ist nun garnicht mehr hip und Urlaub in Deutschland wieder im Kommen. Das ändert das ganze Weltgeschehen. Die Autobahnen werden voller und die Autoindustrie steht in der Krise und muss Mitarbeiter entlassen. Naja, aber darüber denkt Coronia selten nach. Sie arbeitet in einer Branche, die im Moment noch funktioniert. Allerdings kann sie nicht genau sagen, was sie macht, da das alles sehr agil ist heutzutage. Ja, sie macht was mit Agilität und was mit Wirtschaft und mit Menschen. Das letztere fand sie schon immer besonders toll. Studiert hat sie Wirtschaftspsychologie. Das war ihre Berufung und ihrer Firma geht es im Moment sehr gut, da sie ja nicht wirklich etwas produzieren.

Die jetzt so richtig etwas herstellen sind im Moment sehr schlecht dran, da sowas in Zeiten der Krise niemand braucht. Es gibt einfach von allem viel zu viel und das Fleisch ist viel zu billig. Man muss eben nicht jeden Tag Fleisch essen. Daran krankt unsere ganze Gesellschaft. Das gilt übrigens auch für den Spargel, aber den gibt es ja Gott sei Dank nur bis zum 24. Juni. Allerdings mag sie als Vegetarier Spargel sehr gern. Sie mischt den immer mit Tofu und Avocado. Da hat sie ein richtig leckeres Rezept aus dem Internet. Das lässt sich ganz schnell aufrufen, da sie in der Stadt wohnt und gut vernetzt ist. Allerdings durch Corona kommt jetzt die Landbevölkerung auch in den Genuss einer guten Vernetzung. Das hat sie mal im Radio gehört.

Jeden früh hört sie den einen intellektuellen Sender, wo sie solche Sachen auch mal bringen. Allerdings hat sie schon öfter darüber nachgedacht auf einen der üblichen Schlagerkanäle zurückzugreifen um mitreden zu können, wenn sich die Kollegen über die neusten Hits von z.B. „Gehört und steil“ unterhalten.

Dieses Jahr wollte sie auch mal auf eines dieser Festivals in ihrer näheren Umgebung gehen, was nun leider wegen der Pandemiekrise nicht geklappt hat. Das war wirklich schade. Ihr fehlen die Partys in Clubs und Diskotheken, naja, und auf die illegalen Corona-Partys traut sie sich nun auch nicht. Aber sie hat Glück, dank ihres schon guten Verdienstes kann sie sich neben Spotify und Amazon Prime und YouTube Premium und YouTube Music nun auch ihre liebsten Streamingdienste für Filme leisten. Also für in Summe günstige 200 EUR im Monat hat sie eine riesige Auswahl an Guck- und Hörmaterial und muss nicht auf die alten TV-Sender zurückgreifen, wo sie sowieso schon nicht mehr weiß wie die funktionieren. Nur ihre Urgroßeltern besitzen noch einen Fernseher und wissen nichts von modernen Depri- und Düsterserien. Sie ist froh sowas gucken zu dürfen, denn solche Serien und Filme zeigen sehr gut auf, wie schlecht doch die Welt ist und dass es auch überall Probleme gibt, wo eigentlich gar keine sind. Man muss eben auch mal die Zeit finden um sich richtig schlecht zu fühlen. Ihre Urgroßeltern hatten das ja noch life durch den Krieg, aber was hat sie?

Aber da es soviel Schlechtes auf der Welt gibt, kann sie sich da ja etwas heraussuchen um mal richtig zu leiden.

4. Rüdiger

Dann geht sie immer zum Joggen um den Kopf frei zu bekommen. Da sie ja keinen Alkohol trinkt ist das für sie neben Yoga die einzige Möglichkeit zu entspannen.

Manchmal trifft sie beim Joggen Rüdiger. Er hat ein StartUp Unternehmen für KI gegründet und durch seine guten Beziehungen der Eltern in Politik und Wirtschaft hat er auch eine Menge Startkapital bekommen zur Finanzierung seiner neuen Firma.

Er erzählt ihr dann immer intellektuell über seine Promotiontouren mit Geschäftspartnern und dass er wie Elon Musk sein möchte und jetzt durch die Pandemie ist das nun auch alles nicht mehr so einfach. Naja, und außerdem sollte man nicht immer nur an sich denken. Er und seine Frau überlegen, ob sie eine Charityorganisation gründen sollten. Seine Frau Lena, eine Schauspielerin und Designerin und auch noch Influencerin wollen sich gern um die vielen Waldameisen in Sibirien kümmern, die wegen dem Klimawandel aus ihrer gewohnten Umgebung vertrieben wurden. Das wäre auch eine gute PR meint Rüdiger um mal wieder in die Schlagzeilen zu kommen.

Coronia fand das auch eine gute Idee und will demnächst mal ihre Eltern bitten sie daran zu beteiligen. Rüdiger ist halt politisch sehr arrangiert. Das vermisst sie bei Karl ein bisschen.

Auf dem Rest der Joggingstrecke unterhielten sie sich sehr intellektuell über Politik. Rüdiger befasst sich seit Kurzem auch mit RAP. Darauf kam er, als er gehört hatte, dass ein bekannter Rapper jetzt für die Präsidentschaft in den USA kandidierte. Das war sowas völlig neues für ihn, dass das ihn total wegflashte. Wo er doch immer meinte, dass Rap nur etwas für die unterste Gesellschaftsschicht war.

Coronia wollte das nochmal nachlesen und auch ein bisschen von diesem Rap anhören um beim nächsten Mal besser mit ihm darüber diskutieren zu können.

Rüdiger war schon ein toller Mann und was der schon alles in seinem Leben bewegt hatte, wobei er doch sein erstes und zweites Studium hingeschmissen hatte.
Er hatte es eben drauf richtig gute Netzwerke zu bilden.
Da wurde er aber auch in frühster Kindheit gefördert. Seine Eltern haben alles unternommen um ihn den wichtigsten Freunden und Geschäftspartnern zu präsentieren. So hatte er in frühster Jugend schon gelernt sich immer gut darzustellen.

Fortsetzung folgt….. vermutlich –