Hey, liebe Neonschwarz Band, ich habe es gefunden! Das Haus mit Köpfen wie ein Wunderland, wo keiner seinen Nachbarn hasst und total im Farbrausch gegen das Grau ist.1 Nur leider ist das schöne Haus zerfallen worden und darf sich vor dem endgültigen platt machen noch einmal aufbäumen. Danach ist Platz für hübsche Villen und evtl. neue profitbringende Mietrechte und Kaufpreise. Also nix mit „dann verkauft doch das Rathaus.“1
Hier hat man das Bahnbetriebswerk in Reichenbach platt gemacht, wie soviel im Osten. „Nach der Wiedervereinigung kommt es zum Zusammenschluss der Deutschen Reichsbahn und der Deutschen Bundesbahn…. 1999 wird das Bahnbetriebswerk Reichenbach geschlossen und verfällt seitdem.“2
So ein trauriges, weinendes Tier, was nicht mehr geweckt wird, auch wenn „Zug“ ob der Gretainitiative wieder voll im Trend und Kommen ist. Man kann hier leider auch kein buntes Haus, wie in Eurem Sinne hinbauen, denn es gehört alles schon irgendwem.1
ABER!!! An zwei Wochenenden, an ZWEI Wochenenden, da wird das Tier geweckt von Leuten mit Köpfen wie ein Wunderland und es wird zum Wunderland und lässt es die ganze Prügel vergessen, die es in seinen letzten Lebensjahren bis hin zu seinem Tod ertragen musste. An diesen beiden Wochenenden wird es gefeiert und 10.000de kommen zur bunten Beerdigung und es gibt kein Gefühl von Trauer, naja, vielleicht ein Kleines.
Aber viel besser, es gibt ein Gefühl der Freiheit. „Wir sind da und da tanzt das ganze Städtchen. Kommt alle mit, verdammt wir holen uns unser Nimmerland.“1 Wenn auch nur für einen Wimpernschlag in der Erdgeschichte.
Willkommen auf der ibug 2019 in Reichenbach im Vogtland!
Die ibug, die Industriebrachenumgestaltung, das Festival für urbane Kunst, „ist vieles…. ein Ort der Kunst, des Zusammenkommens, des Lernens, des Teilens, des Erschaffens, des Respekts, der Menschlichkeit und nicht zuletzt ein ganz spezielles und einzigartiges Lebensgefühl…. Sie hat … Platz für Gedanken, die zu einer weltoffenen, toleranten und friedlichen Gesellschaft beitragen…. Aber leider gehört es zum Konzept der ibug, dass die bespielten Areale auf kurz oder lang wieder abgerissen werden. Street Art ist temporär.“2
… und in diesen unseren Zeiten jetzt wollen wir hoffen, dass es das umschließende Motto der ibug nicht ist und sich das Gefühl, was sie unwiderruflich den Besuchern rübergebracht hat, ausbreitet wie ein riesenroter Feuerball und das Fundament rüttelt, bis das Dach zu schwanken beginnt.1
Wie soll ich es beschreiben? Es war ein „Wusch“, ein unglaublicher Wohlfühlrausch der einen vom Kopf bis in die Zehenspitzen durchzuckte. Es war eine Abenteuerreise ins Land der Murals und Street Art urbaner Kunst. Mit jedem Schritt stieg die Spannung: Was kommt jetzt? Was kommt als Nächstes? Was versteckt sich in den verfallenen Industriebauten? Welche Eastereggs lauern an Mauern und stehen an alten Lampenrudimenten herum?
Schon von Weitem begrüßte uns Peter Fahrs Pferd mit Scheuklappen, was durch einen brennenden Reifen springt und kurbelte meine Interpretationsphantasie berauschend an.
Auch, wenn Kunst einfach nur Kunst sein kann, auch ohne Botschaft oder Meinung,2 könnte ich hier so denken, wir rennen in unserem Leben herum, wie ein zum Springen und Laufen abgerichtetes Pferd. Schauen nicht nach rechts und links, weil man einfach unsere Augen mit gesellschaftlichen Scheuklappen nur in die gewünschte Richtung blicken lässt. Wir denken, genau das ist unsere Welt und springen durch jeden brennenden Reifen, der vor uns hergehalten wird. Wir wurden ja drauf trainiert. Wir werden immer mehr erkennbar und durchschaubar.
Hm… man könnte aber auch sagen: Hübsche Streetart auf rosa Hintergrund. Vielleicht auch ein bisschen wunderbare Welt der Schwerkraft… aber vielleicht auch nicht.
Es gab auch eine Aufführung außerirdischer Spezies, die uns Tropical Heins plastisch und drastisch vor Augen führte – nee, ich denke mehr spaßig als drastisch…. Auf Instagram outen sie ihr Spektakel als Opernaufführung mit Applaus der wichtigen Kritiker. Soooo herrlich. Von mir kleiner Kulturspalte (Instagram: @kulturspalte) auch Applaus dafür.
UND dann war sie da! Das geliebte Maskottchen, der treue Begleiter, der Liebling der Kinder, der Star der Show: Ente. Aus dem Dickicht zwischen den Trümmern schaute sie uns an, mit forschem abenteuerlustigem Blick.
Sie dominierte das Geschehen hier, sie wies uns den Weg, sie erklärte Unverständliches verständlich – eh — neee – aber sie hatte witzige Sprüche drauf und zeigte uns manch Schmuckstücke, die wir sonst nicht bemerkt hätten, da sie in der berauschenden Fülle von Grandiositäten einfach der Vielfalt zum Opfer gefallen wären. Aber Robin Kowalewski, der Entenpapa, kann auch anders:
Leute kommen, Leute gehen…. Düsternis in bunt. Ich glaub ich mag die Ente etwas lieber, darum noch ein paar Entenimpressionen für Euch:
Und das Kunstwerk von Peri Helio (Instagram: @peri_helio) aus Spanien hat mich wie wild an Douglas Adams erinnert. Irgendwie an das Ende des Universums.
Nur noch irgendwelche Rudimente sind übrig und alle Gedanken sind eingemauert und vegetieren vor sich hin, ohne Aktion, ohne Sinn, ohne Lebenswille. Einfach nur völlig unbeteiligt irgendwo rumsitzen und auf das Ende des letzten Knalles warten.
Wonach schaust Du? Fragt die Ente….
‚Nach Leben, nach Licht, nach Freude und Spaß‘…. kommen meine nach dem Strohhalm des Lebens greifenden Gedanken in den Kopf. Raus aus den kühlen Hallen in die Wärme des heißen Sommerlichtes…
…. solange das Universum noch existiert. Phu… es ist noch da.
Vorbei an René Meyers (www.rmyr-stencils.com) genial filegrane Industry-art in 3D Optik. Der Clip auf seiner Website dazu ist klasse. Schaut Euch den mal an!
Vorbei am Square Boi mit alten Armaturen und authentischen Spinnengeweb.
Raus ins Licht, ….
…. in die Freiheit, von wirr umherhüpfenden, ganz eigenen Gedanken bestimmt1 und für weiteres Wunderland bereites Hirn.
Die ATE CREW (www.ate-crew.de/ Instagram: @esze_ate und @sidas_ate) gruselnd von innen und gruselnd von außen betrachtend….
… vorbei an trüben-traurigen Erinnerungen vergangener Tage…
…. und ja, genau so sieht es im Moment in meinem Kopf aus. Die Les Uns Crew.
… und das hier sieht auch richtig geil aus. Delta_VEV ist das Kürzel. Wer ist das? Das Mural auch geil. Waren das dieselben? Gebt mir einen Tipp, falls Ihr es wisst.
Hier auch, wer ist pois? … unten im Keller, total bedrückend. Vielleicht werde ich doch Vegetarier. Das kommt soooo gut rüber, absolute Spitze!
Frische Luft…..
…… und von HNRX könnte man sich sein Haus verschönern lassen.
Aber ja, ich denke ernsthaft darüber nach mit solch schönen Mural unsere weißwandgetünchte Ponyhof-Loft verschönern zu lassen.
… und sofort zieht Fröhlichkeit ein ins Herz. „Wir sind da und da tanzt das ganze Städtchen“1 zusammen mit Thekra Jaziri.
… und alle Freunde sind dabei:
Sie machen sich sicherlich auch auf den Weg zum Zoo der Zukunft, ins Jahr 3075, wo uns das KollegtivPlusX (www.kollektivplusx.de Instagram: @kollektivplusx) zeigt, wie hübsch unsere Zukunft mal aussehen wird, wenn wir so weitermachen mit unseren Umwelt- und Klimabestrebungen.
Tja –
… uns sollte also langsam ein Licht aufgehen!… aber, wie es so aussieht, haben wir unser Licht in die Ecke geschmissen und den Stecker gezogen – hm.
… und werden wohl so enden:
DAS! War exorbitant unheimlich – wow – und so überaus genial schauerlich düster -> Eusephia Lehe (Instagram: @eusepialehe)
… und von außen: Frau Albert:
… und hier noch ein schönes Innen, da ist ein bisschen Plan B dabei (Facebook: planbstreetart):
Hier passt alles so gut zusammen, ein Gesamtmeisterwerk… so ungefähr: Das schützende Dach bricht über uns zusammen. Die aussterbenden Saurier schauen, sich wundernd, hinauf. Inmitten von Dreck steht eine Mauer, die den Weg zu einem farbenfreundlichen Mural mit Stacheldraht versperrt. Rechts daneben war noch ein Durchgang auf dem DDR stand…. Nein, bitte, ich möchte keine Mauern mehr!
Allerdings, hinter manchen Mauern verbargen sich wunderschöne Schmuckstücke -> Darry Perier (Instagram: @darryperier). Gut, dass da jemand ein Loch hineingehauen hat.
Ahhhhh… und geradeeben habe ich herausgefunden, wer das Rad gezeichnet hat mit dem die Ente konversierte -> Artourette:
Bingo!
BINGO! BINGO überhaupt… BINGO! Die ibug2019 war ein absoluter Volltreffer. Ich bin begeistert bis in die Zehenspitzen, aber ich höre jetzt hier auf. Ich kann nicht alles beschreiben und fotografieren. Es steckt in jedem der Kunstwerke soviel Geist und Kreativität, so dass es ein Rausch war alles zu betrachten und in sich aufzusaugen, was Köpfe wie ein Wunderland im Nimmerland erschaffen können.
Ein weinendes und ein lachendes geistiges Auge blicken auf ein unglaubliches Wochenende zurück. Der Verfall hat die Bühne für Alternativen für ein Leben voller Neuanfang freigegeben.1
Tja, leider wird alles in Kürze wieder verschwinden. Es ist eben nichts beständig. Was einmal wichtig war ist plötzlich nichtich wahr.
(Kunst und Wahrheit von Frollein Dreizack)
Sodann -> „PENG!“ alles weg… aber lasst uns einfach weiter nach der Unendlichkeit suchen:
…. „An meinem Fenster fliegen Socken vorbei“….3
Eure Jana
1 – Neonschwarz mit „Unser Haus“
2 – aus der ibug Broschüre 2019.
3 – Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi mit „Sockosophie“
4 – Yung Hurn mit „Ok Cool“