Der Name, der hier Maschinen und Götter direkt zusammenfügt hat doch was. Und wenn dann auch noch von diesem Ding aus dem Mittelmeer, das seiner Zeit weit voraus gewesen sein soll, die Rede ist, dann sollte sich eine Fahrt nach Frankfurt ins Liebieghaus schon mal lohnen. Trotz der Skulpturen, die da normalerweise zu sehen sind.
Wie üblich gab es einen Ausstellungskatalog “MASCHINENRAUM DER GÖTTER. WIE UNSERE ZUKUNFT ERFUNDEN WURDE”. Hier heraus bzw. aus der Ausstellung kommen alle Informationen in diesem Bericht, die nicht extra als von mir kommend gekennzeichnet sind. Und vielleicht gehören Skulpturen und Technik doch irgendwie zusammen. Allerdings ist die Ausstellung zu umfangreich, um in meinen üblichen Berichtsumfängen über alles berichten zu können.
Wissen und Götter
Alles begann natürlich im Zweistromland Mesopotamien und in Ägypten. Interessanterweise wird fast immer und überall das Wissen in den Stories und Teilnehmern der damaligen Göttermythen eingebettet.
Mir stellen sich jetzt die Fragen: Nur weil man sich es so besser merken kann? Oder meinte man, man tut den Göttern und am Ende damit sich selbst was Gutes, wenn man sie überall mit ins Spiel brachte, immerhin sind sie ja auch für künstlerische Darstellungen gut geeignet. Hätten die genialen Köpfe von damals, die sich rein auf wissenschaftliche Fakten konzentriert haben, diese Götter nicht anzweifeln müssen? Naja, sicherlich mussten auch die sich den gesellschaftlichen Verhältnissen anpassen, oder?
Schrift und Zahlen
Schrift auf Ton gab es also ab 3200 v.Chr. in Mesopotamien, Keilschrift ab 2600 v.Chr., Voraussetzungen für wissenschaftliche Aufzeichnungen. Göttin Nisaba wurde hierfür verantwortlich gemacht, obwohl man nachweisen kann, dass es die Gelehrten waren. Meine These: Sicher hat sie die Gelehrten angeleitet 😉.
2100 v.Chr. wurde in Mesopotamien ein einheitliches Zählsystem eingeführt mit der Basis 60. Haben wir ja noch an der Uhr. Wie andere schon vor mir behaupte ich, dieses System ist sehr sinnvoll da die 60 viele Teiler hat. Wir haben die Zehn, wahrscheinlich wegen der Anzahl der Finger oder eben Zehen. Die kann man immerhin durch Zwei teilen, da wir ziemlich symmetrisch sind, aber dann ist man schon bei einer Primzahl. Ziemlich unklug. Ich persönlich hätte die Zwölf genommen, die Idee hatten natürlich andere vor mir. Sonst gäbe es eine Einszehn und eine Zweizehn, wie die nachfolgenden Dreizehn und Vierzehn. Auch der britische Schilling hatte 12 Penny, ein Fuß hat 12 Zoll. Das lässt sich gut teilen. Ein Zehneuroschein für drei Kinder bringt immense Probleme mit sich!
Man fand interessanterweise eine altbabylonische Tafel von 1700 v.Chr. mit dem Inhalt des Satzes von Pythagoras, 1200 Jahre vor Pythagoras. Nicht nur für die Architektur war das grundlegendes Wissen.
Die Ausnahme
Es gab allerdings einen Typen, der sich selbst für ein Genie hielt und überall damit rumgeflext hat. Der brauchte keine Götter. Es war der Assyrische König Sanherib (745-680 v.Chr.). Er hat den “Süd-West-Palast“ in Ninive gebaut, von dessen Gärten man vermutet, es wären die “Hängenden Gärten der Semiramis”, immerhin ein Weltwunder wenn ich mich recht erinnere. Er meinte, und das muss ich einfach zitieren, da es mich an einen aktuellen hier nicht zu nennenden Politiker erinnert, dem ich allerdings nicht wirklich so viel zutraue: ”Ich ging mit mir selbst zu Rate und habe eingehend abgewogen, wie diese Arbeit umgesetzt werden kann.” Das finde ich so klasse. Ähnlich dem von mir nicht genannten Politiker (der das allerdings nur indirekt aber deutlich ausdrückt) meint er “Experte in jeder Art von Arbeit” zu sein und einen “genialen Geist” zu besitzen.
Astronomie
Um 1500 v. Chr. (etwa die Zeit der Himmelsscheibe von Nebra; Anm. von mir. *1) gab es den Mythos Enuma Elis: Gott Marduk, der vorher so unbedeutend war wie Babylon, hat die Welt eingerichtet: Sonne, Mond, Sterne, Tage, Jahre. Das ganze astronomische Wissen dieser Zeit wird in diesem Mythos dargestellt.
Die Ägypter, natürlich an Astronomie interessiert, kannten unter anderem im 13.Jh.(Jahrhundert) v.Chr. 36 Dekansterne, 10 Grad voneinander entfernt, zum Ablesen der Uhrzeit. Natürlich war auch eine Göttin der Nacht namens Nut im Spiel, die das Ganze offenbar unter Kontrolle hatte.
Um 652 –60 v.Chr. wurden in Babylonien die Diares geführt, die Aufzeichnung aller Himmelsereignisse. Sie waren damit eine geniale Datenbank.
Bereits im 5.Jh. v. Chr. wurden von den Babyloniern die Tierkreiszeichen mit ihren heutigen Namen festgelegt. Ich frage mich, ob den Horoskoplesern von heute klar ist, dass sich dank der Präzession der Erde inzwischen eine Verschiebung von weit über einem Monat ergeben hat. Das Tierkreiszeichen hinter der Sonne ist nicht mehr das, was es sein sollte.
Mythen, Kunst und Götter
Kommen wir nun zu den Griechischen und bisweilen auch mal Ägyptischen Mythen.
Kunst und Technik sind seit jeher nicht voneinander zu trennen.
Anmerkung von mir: Die Künstler haben Fantasien, die nur durch Technik umgesetzt werden können, die dazu erfunden werden muss. Sie haben oft die vorausgehenden Ideen für den Fortschritt. Da können zwischen Idee und Ausführung Jahrtausende liegen. Andersherum ermöglicht die vorhandene Technik Künstlern, besonders eindrucksvolle Kunstwerke herzustellen, die sich beispielsweise selbstständig bewegen. Dieselbe Technik kann für wissenschaftliche Geräte genutzt werden, wie für astronomische Beobachtungen und entsprechende Modelle oder zur Messung der Zeit.
Jedenfalls war mir bisher nicht bewusst, wieviel in den alten Mythen eigentlich von Robotern und künstlichen Lebewesen die Rede ist, die als solche gar nicht allgemein bekannt sind, obwohl die Mythen zumindest ansatzweise bekannt sind. Ebenso werden Technologien erwähnt, die wir gerade jetzt erst erfinden oder vielleicht später.
Erschaffung des Menschen
Für die Entstehung des Menschen gibt es Erklärungen in verschiedenen Kulturen, die sich vielleicht nicht mal so sehr widersprechen, wenn man von den Namen der Schöpfer mal absieht. Was die Frage schon früher aufgeworfen hat, ob wir nicht alle irgendwelche ferngesteuerte Spielfiguren sind. Bei fast allen ist Lehm im Spiel.
In Ägypten hatte eigentlich Ptah den Menschen kraft seiner Gedanken geschaffen, doch dann gab es auch noch den Gott Chnum, der dazu eine Töpferscheibe benutzt hat. Mir persönlich ist nicht ganz klar, wozu die nützlich sein sollte, wir sind ja nicht rotationssymmetrisch.
Auch Prometheus hat Menschen erschaffen. Oft wird er da wohl auch mit Lehm hantierend dargestellt, aber er bildet in anderen Darstellungen eine Ausnahme. Dort wird er als mit Werkzeugen arbeitender Ingenieur gezeigt bzw. sieht man, wie er beim Skelett anfängt und sich dann mit inneren Organen usw. nach außen vorarbeitet. Zeus wurde bekanntlich erst dann richtig sauer, als er seinen Schützlingen auch noch das Feuer brachte.
Natürlich hätten wir dann noch im Alten Testament Adam aus Lehm, dem Gott Leben einhaucht.
Automaten und Mythen
Unglaublich ist es, wie zukunftsweisend die alten Mythen immer noch sind, und was offenbar im Laufe der Geschichte verfälscht oder anders weitergegeben wurde.
Zur Zeit Ramses II. (1279-1213 v. Chr.) wird vom alten Ägypten berichtet, dass es dort Schiffe mit künstlichen Ruderern gab, von übelgesinnten Zauberern gefertigt. Ich frag mich, warum gerade die Ruderer, wenn man es sowieso künstlich macht? Ziemlich fantasielos.
Homer und Hesiod beschrieben vor 2500 Jahren (also 500 v. Chr.) sogenannte Biotechne- “handwerklich (techne) geschaffenes Leben (bios)”.
Odysseus
Das Trojanische Pferd war hier gerade Mal lebensgroß und war voll animiert. Ich hab keine Ahnung, wie es da das Tor von innen aufbekommen haben soll, aber vielleicht enthielt es ja auch diesbezügliche Spezialvorrichtungen.
Odysseus besuchte auf seiner Fahrt Scheria, ein geheimnisvolles hochentwickeltes Land, wo die Phäaken leben. Deren König bot ihm ein Schiff der besonderen Art an, das dort üblich war. Es war im Sturm unsinkbar, besaß weder Ruder noch Steuerruder, wurde nur durch Gedankenkraft gesteuert und vorangetrieben (einfach denken wo man hin will), es hat dann selbstständig die Route ausgerechnet und konnte große Distanzen überwinden. Am Abend war es dann immer wieder zurück.
Argonauten
In der Argonautika des Apollinos von Rhodos ist der Adler, der die Leber von Prometheus frisst, eine Maschine, eine Art Greifvogeldrohne. Interessanterweise hat im Ilias Hephaistos eben diesen Adler erschaffen.
Dieser hat in der Argonautika außerdem einen Roboterriesen namens Talos gebaut, der die Insel Rhodos beschützen sollte. Allerdings hat die Zauberin Medea den Schwachpunkt entdeckt und den Roboter ziemlich gemein hinters Licht geführt, indem sie ihm ewiges Leben versprochen hat. Dazu musste Iason nur den Bolzen am Knöchel lösen, wodurch allerdings der ichor auslief was den armen Kerl umbrachte. Wenn schon das Verhalten der Maschinen eines genialen Hephaistos nicht vorhersagbar war, wie steht es dann heutzutage mit der künstlichen Intelligenz?
Auch bronzene feuerspeiende Stiere von Ihm konnte Iason mit Hilfe unserer Zauberin Medea bezwingen.
Hephaistos in Homers Ilias und im Mythos von Hesiod
Hephaistos war übrigens der Gott des Feuers, der Vulkane und der Schmiedekunst, mithin der Erfindungen und der Technologie. Er stellte automatisch öffnende Pforten für die Streitwagen der Götter her, weibliche singende Statuen, automatische Wachhunde, selbstfahrende Lieferkarren, smarte Blasebälge für Schmiedefeuer, weibliche Androiden mit Verstand und Vernunft und dem Wissen der Götter, praktisch künstliche Intelligenzen und den bereits erwähnten Adler.
Bei Hesiod (750-650 v.Chr.) hat er im Auftrag von Zeus die Pandora erschaffen, eine besonders schön gelungene Kunstfrau. Auf Vasen wirkt sie steif und puppenhaft mit deplatziertem Lächeln, was ihrer ruchlosen Mission entspricht. Prometheus (“Vorausdenkender”) warnt seinen Bruder Epimetheus (“danach Denkender”) Pandora als Geschenk von Zeus anzunehmen. Ihm schien sie allerdings zu gefallen und er schlug die Bedenken in den Wind. Danke Epimetheus, nun haben wir uns täglich mit dem Inhalt der Black Box herumzuschlagen. Doch lernen wir aus deinen Fehlern im Umgang mit neuen Black Boxen, wie der KI?
Daidalos
Und immer wieder steckt Zeus dahinter.
Zuerst bestraft er Minos damit, dass er seiner Frau sexuelle Lüste auf einen Stier auferlegt, weil der bei Poseidon nicht ordnungsgemäß einen solchen abgeliefert hat. Daidalos musste nun eine Kuh bauen, in die Minos’ Frau Pasiphae kriechen konnte, um sich mit dem Stier zu vereinigen. Heraus kam der bekannte garstige Minotauros, für den nun wieder Daidalos ein Labyrinth als Gefängnis bauen musste.
Weil nun Daidalos Ariadne den Tipp mit dem Wollfaden gab, damit Theseus nach der Tötung des Minotaurus wieder rausfindet, wurde er zur Strafe selbst mit seinem Sohn Ikaros ins Labyrinth gesteckt. Man müsste ja meinen, er findet da raus, da er es ja schließlich gebaut hat. Naja, ich finde mich manchmal in älteren Computerprogrammen von mir auch nicht mehr zurecht. Wahrscheinlich wäre das allerdings für einen Daidalos einfach nur zu profan gewesen. Einer wie er sammelt Vogelfedern und baut mit Hilfe von Wachs daraus Flugapparate. Ich frag mich, was er in seinem Labyrinth so für Equipment hatte, hat er sich vorher einen Bienenstock und eine Vogelfalle oder ein Schussgerät gebaut?
Jedenfalls ist das Ende bekannt, Ikaros fliegt zu nah an die Sonne und stürzt ab weil das Wachs schmilzt. Ich sage: Was für ein wissenschaftlicher Unsinn. Daidalos hat diesen Blödsinn bestimmt nur erzählt um die wahre Ursache zu vertuschen. Wie auch immer, jetzt wird’s interessant: Daidalos flog danach mit seinem Flugapparat nach Sizilien, wo er sich niederließ. Und das wird von einer Etruskischen Vase (also in der Nähe des Landeortes) bezeugt, lange bevor die Geschichte aufgeschrieben wurde. Und dann war auf derselben Vase auch noch die Zauberin Medea.
Auch in China
wird in den Epen Mahabharata und Ramayana von fliegenden Streitwagen, künstlichen Schwänen, automatischen Dienern und riesenhaften Robotern und Maschinen berichtet.
Ins Weltall
muss Lapithenkönig Ixion auf einem Rad, das Hephaistos geschaffen hat. Er hatte versucht, sich an Hera ranzumachen, worauf, ja wer wohl, ihr Gatte Zeus natürlich sauer war. Auf dem Bild im Ixion-Raum in Pompeji war er an das Rad gefesselt, und es bedurfte dazu auch noch eines Hermes. Ich finde, Zeus sollte da eigentlich drüberstehen. In der Ausstellung wurde neben dem Bildausschnitt ein Rad im Weltraum aus einem Film (vielleicht Odyssee im Weltraum?) gezeigt, wo durch die Drehung eine künstliche Schwerkraft erzeugt werden sollte. Sehr nachdenkenswert.
Die Wirklichkeit
hinkt nun der Götter-Science-Fiction etwas hinterher, ist aber nicht weniger spannend und eigentlich viel erstaunlicher. Am Ende des 6.Jh.v.Chr. hat der Bronzebildhauer Kanachos bereits einen Apoll mit einem Hirsch geschaffen, der animiert war. Der Hirsch konnte angeblich mit den Füßen abwechselnd den Boden bzw. die Hand von Apoll berühren.
Meton
soll vor Aristoteles im 5.Jh.v.Chr. ein komplexes Uhrwerk mit Zahnradgetriebe aufgestellt haben. Mich hätte jetzt interessiert, aus welchem Material es beschaffen war. Jedenfalls wurde es Heliotropion genannt. Es konnte offensichtlich den Metron-Zyklus anzeigen. Dabei handelt es sich um ein Zusammentreffen von 235 Mondmonaten mit 19 Sonnenjahren.
Meton-Zyklus und die Himmelsscheibe von Nebra
Im oben beschriebenen vorliegenden Buch steht dazu, es handelt sich dabei um das Zusammentreffen des Sonnenjahres und des Mondjahres. Das hatte mich etwas verwirrt. Ich wusste von der Himmelsscheibe von Nebra, dass das eigentlich nach 33 Mondjahren bzw. 32 Sonnenjahren stattfindet, hatte das aber selbst noch nie durchgerechnet. Also benutze ich ein Werkzeug, dass manche Leute vor 3000 Jahren bestimmt auch gern gehabt hätten: Excel. Mir ist bekannt, dass ein Mondjahr aus zwölf Mondmonaten besteht, die bekanntlich etwas kürzer sind als unsere Sonnenjahr-Monate.
Die Länge eines Sonnenjahr-Monats lässt sich leicht berechnen: 365,25 Tage durch zwölf macht 30,4375 Tage. Für den mittleren Mondzyklus (Vollmond-Vollmond) der dem Mondjahr zugrunde liegt habe ich bei Wikipedia nachgeschaut: 29,5305 Tage.
Ich schrieb nun in eine Spalte mit jeder Zeile um einen Mondmonat zunehmend die Anzahl der Tage und in die nächste Spalte, wieviel Sonnenmonaten diese Anzahl der Tage entspricht. In weiteren Spalten wurden dann noch die jeweiligen Jahre berechnet und mit ein paar Kniffen, ob die beiden Monate irgendwann ein ganzzahliges Vielfaches ergeben.
Ein gemeinsames Vielfaches würde also bedeuten, dass sich ein gemeinsamer Monatsanfang eines Sonnenjahr- und Mondjahr-Monats nach dieser Zeit erst wiederholt. Mal abgesehen von den Verschiebungen der Anfänge der Sonnen-Monate durch unterschiedliche Sonnenjahr-Monats-Längen (siehe Februar mit 28 Tagen und März mit 31 Tagen) und durch die Schaltjahre.
Tatsächlich war das nach 235 Mondmonaten der Fall, was dann genau 228 Sonnenmonaten entspricht. Zufällig sind das auch noch genau 19 Sonnenjahre, aber keinesfalls eine ganzzahlige Anzahl Mondjahre (235 durch 12 =19, 58). Das ist eben der Meton-Zyklus.
Eine sehr genaues gemeinsames Vielfache der Sonnen- und Mondjahre erreicht man tatsächlich nach 32 Sonnenjahren und 33 Mondjahren- wie es die Himmelsscheibe voraussagt. Die Monatsanfänge fallen dabei natürlich nicht ganz so exakt zusammen wie beim Meton-Zyklus aber schon mit einiger Genauigkeit.
Weitere griechische und römische Automaten
Ein Automat, geschaffen von Ktesibios, konnte im 3.Jh.v.Chr. die Länge der Sonnenstunden, also ein Zwölftel des hellen Tages, berechnen.
Philon von Byzanz (3.-2.Jh.v.Chr.) und Heron von Alexandria (1.Jh.n.Chr.) haben Automaten für wissenschaftliche Experimente beschrieben, die mit Wasser- Luft und Dampfdruck gearbeitet haben. Heron hatte ein Karussell beschrieben, mit dem scheinbare Bewegungen dargestellt wurden, indem eine Figur in verschiedenen Positionen mithilfe eines “Shutters” schnell hintereinander gezeigt wird.
Heron hatte ebenfalls automatische Theater beschrieben, die durch komplexe Mechanismen herumfahren bzw. immer wieder neue Szenen auf der Bühne darstellen konnten. Das Interessante dabei war, dass sie irgendwie programmierbar waren. Mich erinnerte das an Die Weltmaschine – Mechanisches Theater nebst Wunderkammer, die wir mal in Halle bewundern konnten.
2009 – 2014 wurden am nordöstlichen Hang des Palatinhügels höchstwahrscheinlich die Überreste von Neros Cenatio Rotunda (runder Bankettsaal) ausgegraben, der bei der Ausstellung sehr ausführlich durch Graphiken und Animationen dargestellt. Ein Mechanismus konnte die Kreisebene, auf der sich die Gäste befanden, drehen. Um die Kreisfläche herum kamen animierte Statuen aus dem Boden, die die Gäste bedienten. An der Decke war vermutlich der Himmelsglobus (Sphaira) dargestellt, so dass alles als Planetarium fungierte.
Bereits Archimedes (287 – 212 v.Chr.) und Poseidonios (153 – 51 v.Chr.) hatten es verstanden, die Welt als Kugel darzustellen und den Lauf der Tierkreiszeichen und Planeten an einem kinetischen Apparat zu zeigen. Einen kleinen experimentellen Nachbau dazu kann man bewundern.
Im sogenannten “Turm der Winde” (100 v.Chr.), einem Turm mit acht Seitenwänden mit komplexer Technik, war vermutlich auch eine solche Sphaira eingebaut.
Das Ding aus dem Mittelmeer
wurde um 1900 von Schwammtauchern vor der Insel Antikythera gefunden, die dort vor einem Sturm Schutz gesucht haben. Etwa 1950 Jahre vorher war da schon mal ein Sturm und brachte ein Handelsschiff zum Sinken, worauf sich unser Objekt und viele weitere wertvolle Sachen befanden.
Der korrodierter Bronzeklumpen, um den es sich hier handelt, wurde vor dem Archäologischen Museum gelagert. Erst der Bildungsminister, der grad mal vorbeikam, bemerkte, dass der Klumpen aufgeplatzt war und Zahnräder von der Größe einer Münze enthielt. Das hatte man so nicht erwartet. Es sollte nun 120 Jahre dauern, bis der komplexe “Mechanismus von Antikythera” vollständig entschlüsselt wurde.
Insgesamt wurden 82 zerbrochene und korrodierte Teile des Objektes sichergestellt, etwa ein Drittel vom Ganzen.
Albert Rehm
Der Deutsche Albert Rehm beschäftigte sich 1905 und 1906 damit und stellte bereits fest, dass es sich um ein astronomisches Gerät zum Berechnen der Zyklen von Sonne, Mond und Planeten handelte, das älteste hierzu bekannte Gerät der Menschheit.
Rehm stellte fest, dass es nicht nur “einfache Zahnräder” in der Maschine waren, sondern “epizyklische” Zahnräder. Ich kann mir schon “einfache Zahnräder” nicht vorstellen, wie haben sie zu dieser Zeit hochpräzise Bronzezahnräder herstellen können? Mit einer Feile? Wohl kaum. Oder doch? Oder hatten die schon Drehmaschinen und Fräsen? Wie wurden die Zahnräder gelagert? Es musste aber noch einer draufgesetzt werden, nämlich Zahnräder, die auf anderen Zahnrädern befestigt waren und deren Achse somit rotierte, sogenannte Planetengetriebe.
Rehm konnte außerdem auch bereits etliche Inschriften entziffern.
Derek de Solla Price
Erst in den 1950ern bis 1974 arbeitete dann Derek de Solla Price an dem Mechanismus. Er ließ das Ding röntgen und begann, Zahnräder und Zähne zu zählen. Er vermutete ein Differentialgetriebe, was aber unzutreffend war, hatte trotzdem bahnbrechende Fortschritte bei der Entschlüsselung des Getriebes.
Mondzyklen
In der frühen babylonischen Astronomie hatte man vier Mondzyklen unterschieden. Ich fand das sehr interessant und habe mich etwas damit beschäftigt, nicht zuletzt wegen dem oben erwähnten Meton-Zyklus.
Synodischer Monat
Der Lunarmonat, eigentlich synodischer Monat, ist die Zeit von Vollmond bis Vollmond, wie wir ihn sehen. Seine mittlere Länge beträgt 29,5306 Tage.
Siderischer Monat
Dann gibt es den Siderischen Monat von 27,322 Tagen. Das ist die wirkliche Zeit, die der Mond einmal um die Erde braucht. Da allerdings die Erde in der Bahn um die Sonne inzwischen weitergewandert ist, sehen wir den Mond dann in einem anderen Winkel, so dass er zwei Tage braucht, um das aufzuholen und er für uns wieder da ist wie vor 29,5 Tagen.
Drakonischer Monat
Und nun der Drakonische Monat von 27,21 Tagen. Da die Mondbahn zur Ebene, auf der wir um die Sonne kreisen, etwas geneigt ist, gibt es Knotenpunkte, wo die Mondbahn diese Ebene schneidet. Aus unserer Sicht ist diese Ebene die Bahn der Sonne, also die Ekliptik. Der Mond ist also mal über und mal unter der gedachten Himmelslinie. Schneidet er sie passiert meistens gar nichts. Wenn aber gerade Vollmond ist, gibt es eine Mondfinsternis, da Sonne Erde und Mond auf einer Linie sind, Erde zwischen Sonne und Mond. Bei Neumond gibt es entsprechend eine Sonnenfinsternis. Der Drakonische Monat ist also die Zeit, bis der Mond die Ekliptik wieder in derselben Richtung schneidet, also denselben Knotenpunkt wieder erreicht.
Anomalistischer Monat
Nun wird es etwas komplizierter mit dem anomalistischen Monat, der dauert 27,55 Tage. Im Prinzip ist er dem siderischen Monat erstmal sehr ähnlich. Nun ist es aber so, dass der Mond keine Kreisbahn, sondern eine Ellipse mit der Erde in einem Brennpunkt fliegt. Die Linie zwischen den entferntesten Punkten dieser Ellipse ist die Apsidenlinie. Irgendwann durchfliegt er also den erdnächsten bzw. erdfernsten Punkt. Das Problem ist nun, dass die Apsidenlinie selbst sich dreht. Der erdfernste Punkt wandert also um die Erde herum. Der anomalistische Monat ist also die Zeit, wo der Mond den erdfernsten Punkt wieder erreicht. Für mich ist es erstaunlich, dass die Babylonier, wahrscheinlich mit Hilfe von Marduk, das herausgefunden haben. Was für astronomische Messgeräte hatten die denn, um das so präzise feststellen zu können?
Alle diese Zyklen sind in den Mechanismus von Antikythera eingebaut!
Michael Wright
Price hatte anhand der Anzahlen von irgendwelchen Umdrehungen die Idee, dass der Meton-zyklus im Getriebe berechnet werden könnte, zumal der auch in den Schriftzeichen erwähnt wurde. Er verwarf allerdings die geniale Idee.
Erst Michael Wright nahm sich nach Price’ Tod der Sache an und konnte den metonischen Kalender nachweisen. Durch 3D- Röntgenanalysen mit Computerunterstützung konnte er weitere erstaunliche Entdeckungen machen.
Finsternisse / Eklipsen, Saroszyklus
Um Finsternisse vorhersagen zu können benötigte man den sogenannten Saroszyklus: Bereits im 7.Jh.v.Chr. hatten babylonische Astronomen entdeckt, dass 223 Lunarmonate gerade 242 drakonischen und 239 anomalistischen Monaten entsprechen. Das bedeutet, dass sich Finsternisse ungefähr nach 18 Jahren wiederholen.
Planetenbahnen
Die Planeten führen bekanntermaßen aus Sicht der Erde ab und zu eine Rückwärtsbewegung aus. Das damalige geozentrische Weltbild stellte die Gelehrten deshalb vor große Rätsel. Nicht nur Aristoteles hat sich sehr darüber den Kopf zerbrochen. In seinem Werk Metaphysik schreibt er von unbewegten Bewegern, die das bewirken sollen. Er benötigt davon auch noch eine ganze Menge. Mir ist das ehrlich gesagt völlig unklar. Physikalisch ist das doch völliger Unsinn, es wäre vielleicht mit kleinen schwarzen Löchern zu erklären, um die die Planeten zusätzlich kreisen. Wieso kommt so ein genialer Kopf nicht drauf, dass sich alles um die Sonne dreht, und dadurch das Weltbild um ein Vielfaches einfacher wird?
Wie auch immer. Ob der Erschaffer des Mechanismus heliozentrisch oder geozentrisch (es gibt keinen Hinweis auf heliozentrisch) gedacht hat, irgendwie wollte er natürlich auch die Bahnen der Planeten von der Erde aus abbilden, und auch die Kenntnis des heliozentrischen Weltbildes hätte es nicht einfacher gemacht.
Wright hatte die Idee, dass auch hierzu wie bei den antiken Griechen zwei Kreisbewegungen übereinander gelegt wurden und baute ein entsprechendes Modell mit Stift und Nut- Vorrichtungen. Aber dass es tatsächlich so verwirklicht wurde, dafür gab es keine Belege, und wie sollte sowas komplexes überhaupt da hineinpassen?
Tony Freeth
hat 2000 ein Hightech – Team, unter anderem mit Astronomen und Mitarbeitern von Hewlett-Packard und X-Tek (später Nikon) zusammengestellt, um mit modernsten 3D Röntgenaufnahmen mit Computertomographie sowie Oberflächenuntersuchungen mittels Polynomial- Texture-Mapping feinste Details im Mechanismus zu erkennen. Es gab spektakuläre Ergebnisse, wie die Struktur der Zahnradgetriebe und hunderte weitere Schriftzeichen.
Das Team konnte nachweisen, dass mittels Saroszyklos Finsternissen und sogar deren entsprechende Tageszeit vorhergesagt werden konnten.
Wrights verworfene Idee, dass die Schwankungen der Mondbewegung abgebildet werden würden, wurde bestätigt. Um die Ellipse darzustellen, kombinierte der Konstrukteure des Mechanismus zwei kreisförmige Bewegungen.
Das Team fand erstaunliche Zahnräder, die komplizierte Wirkungen zeigten und gleiche Zahnräder, die diese Wirkungen wieder aufhoben, wo sie nicht gebraucht wurden. Wer denkt sich sowas nur aus.
UCL
2018 begann eine Forschergruppe am University College London, das UCL Antikythera Research Team, wiederum mit Tony Freeth, ein neues Modell vom Kosmos zu entwickeln, das sich mit allen bisherigen Erkenntnissen vereinbaren lässt. Die nun entzifferten Inschriften lieferten entscheidende Hinweise dazu. Es wurden erstaunlich akkurate Zahlen über Planetenzyklen gefunden, wie man sie in babylonischen und griechischen Schriften nicht kannte.
Das UCL- Team konnte letztendlich nachweisen, dass Wrights Modell für die Planetenbewegung richtig war und auch mit Hilfe eines Uhrmachers zeigen, dass alles reinpasst.
Offensichtlich muss die Olympiade damals mal eine wirklich große Rolle gespielt haben, denn man hielt es für wichtig, auch diesen Vierjahresrhythmus mit reinzubauen. Zum Glück gab es kein Corona, wodurch die Spiele schon mal um ein Jahr hätten verschoben werden können.
Es wurden also vom Mechanismus von Antikythera berechnet:
- Das Datum im metonischen und im ägyptischen Kalender
- Position und Phase des Mondes sowie die Zeit seit dem letzten Vollmond in Tagen
- Die Mondknoten, das Jahr der Eklipse und die Phase des drakonischen Monats
- Positionen der Sonne und der Planeten
- Die Synodischen Ereignisse der Planeten
- Die olympischen Spiele
Wer hat den Mechanismus wann und wo gebaut?
Keine Ahnung. Es passt einfach nicht in die Zeit. Erst 1500 Jahre später wurden Mechanismen gleicher oder besserer Qualität gebaut.
Arabisch-Islamischer Kulturraum und Asien
Die Ausstellung zeigt weiterhin Uhren und Waagen aus diesem Kulturkreis, nicht weniger beeindruckend, die den Umfang des Berichtes sprengen würden.
Automaten heute
Das Ehepaar Liebieg, nach dem der Ausstellungsort benannt ist, hat sein Vermögen durch die Produktion von Textilien erwirtschaftet. Einen wesentlichen Beitrag dazu haben Jacquard- Webstühle
dazu geleistet. Sie waren bereits mit Hilfe von Lochkarten programmierbar.
Anmerkung meinerseits: Als eine kostengünstige Herstellung von Computern und speicherprogrammierbaren Steuerungen möglich war begann in den 70er Jahren die 3. industrielle Revolution, die Automatisierung, wobei wie bereits erwähnt mechanische Speicher bereits früher üblich waren. Nun konnten komplette Arbeitsabläufe automatisiert werden. Die Industrie 4.0 soll die Produktion mittels künstlicher Intelligenz und Vernetzung über Firmengrenzen hinweg selbstständig organisieren.
Oft wird (nicht im oben erwähnten mir vorliegenden Buch) beim Mechanismus von Antikythera vom ersten analogen Computer gesprochen. Das halte ich für unpassend. Ein Computer, wie er heute verwendet wird, zeichnet sich dadurch aus, dass seine Rechenabläufe programmierbar sind.
Jeff Koons
Sei hier allerdings noch erwähnt. Er nahm sich eine Marmorskulptur des Licht- und Schattengottes Apoll aus dem British Museum in London zum Vorbild und fertigte von 2019-2022 eine teilanimierte Skulptur. Er gab ihr Farbe und belebte die Schlange Python, die Apoll gebändigt hatte. Diese Skulptur ist zweifellos als absolutes Highlight in der Ausstellung zu besichtigen. Die Schlange bewegt Kopf und Schwanz und sieht einen an. Dabei züngelt sie alle paar Sekunden. Schon sehr beeindruckend. Sie bildet den Gegenpol zum starren Apoll, und damit schließt sich der Kreis zu den frühen griechischen Skulpturen von Philon und Heron. Auch die standen erst still vorm Betrachter, bis sich plötzlich ein Detail an ihnen bewegte, um besonders zu beeindrucken.
*1 Das Alter der Himmelsscheibe wird immer wieder angezweifelt. Ich verweise hierzu auf das Buch „DIE HIMMELSSCHEIBE VON NEBRA“ von Harald Meller und Kai Michel. Hier sind die Methoden zum Feststellen des Alters und der Gerichtsprozess dazu ausführlich beschrieben. Zitat des Richters auf Seite 99ff: „Wir haben überhaupt keine Anhaltspunkte gefunden, dass die Himmelsscheibe nicht echt ist. Sie ist echter als vor dem Verfahren. Echter kann sie praktisch nicht sein.“ Siehe auch Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle