Schräg und ohne Sinn, aber nicht sinnlos – wer sich gern mal etwas schräge Comedy ohne großartigen intellektuellen Stress antun möchte, der ist beim diesjährigen „Krippenspiel“ des „Knalltheater“ richtig. Engel Raphael zieht mit seinen Hirten auf der Suche nach Jens durch etliche verschiedene Darstellungssphären mit zartem biblischen aber nicht blasphemisch oder dumm lächerlichen Touch, was man im ersten Augenblick annehmen möchte.
Die bekutteten Symbiosen aus Hirten und Weisen überquerten zusammen mit dem Zuschauer, der es sich in der Kulturwirtschaft Waldfrieden in Leipzig-Connewitz gemütlich gemacht hat, etliche etwas befremdende Hürden und ließen ihren Trieben oder Treiben freien lauf.
Nun ja, ich versuchte einen Sinn im ganzen Treiben zu sehen, konnte aber keinen finden …
…und doch bzw. nichts desto trotz war es ein amüsantes Spektakel, was uns da durch das Knalltheater geboten wurde.
Auch wenn es kein intellektueller Stress war, konnte man, wenn man denn wollte, durchaus intellektuelle Deutungen hineindeuten. Man konnte es aber auch lassen und sich bei Bier und studentenfreundlichem Abendessen gemütlich zurücklehnen und den Darbietungen folgen. Das Ambiente der Kulturwirtschaft Waldfrieden war etwas befremdend, aber beim näheren hinsehen hatte auch dies etwas merkwürdig interessantes.
Das Ganze hatte ein eigenes Flair und kein 0-8-15 Gaststätten Ambiente.
Irgendwie war es schon ein Eintauchen in eine andere Welt und zwar in eine echte Welt mit lebenden Figuren im Gegensatz zu unserer heutigen glimmer-glämmer-Fernsehwelt. Es hatte eben etwas Eigenes und somit etwas besonderes was Spaß machte.
Es machte Spaß, sich die Einrichtung des Etablissements anzusehen, es machte Spaß, den Wirt zu beobachten und es machte Spaß, dem irgendwie darin verwobenen Knalltheater Stück zu folgen.
Drei Mönche/ Weisen/ Hirten zogen auf die Bühne und treffen einen etwas verwuschten Engel Raphael, der sie zum kleinen „Jens“ zu führen versprach.
So weitab konnte man fast vermuten, das Ganze hatte irgendwie und in irgendeiner Weise ganz fernab irgendetwas mit der Weihnachtsgeschichte der Bibel zu tun.
„Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde.“*
So friedlich wie in der Weihnachtsgeschichte des „Neuen Testamentes“ ging es in dem modernen Pandon des Knalltheaters nicht zu, denn die Herde (der vielen, vielen Schafe! – määäähhhhh) stürmte die Hürden und das kurze grüne Gras des Fußballfeldes.
Wahrscheinlich wollten sie von ihren Idolen die T-Shirts erbeuten, oder den Ball, oder eben nur mal so den Rasen ihrer Götter betreten – naja, oder auch nicht, denn das wären jetzt meine kleinen tieferen Deutungen in das Stück und das, wo es doch gar keinen tieferen Sinn haben sollte – hmmm.
„Und siehe, des Herren Engel trat zu ihnen, und die Klarheit des Herren leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet Euch nicht!…“** …. „Ich bin nicht gekommen euer Leid zu mindern!“ – taten sie dann auch nicht.
Naja und wenn man über so machen biblischen Engel etwas näher nachdenkt (-liest), taten sie es auch da nicht.
Mächtige und furchterregende Erscheinungen, die Ihren Zuhörern eigentlich nie etwas Gutes brachten (siehe auch „Dogma“ dazu – eines der brillantesten Filme, die ich kenne… und bitte keine Sorge wegen dem Schnabeltier, sie haben es nicht so gemeint).
In unserem Fall allerdings war die Engelerscheinung Raphaels mit seinen güldenen Löckchen und zarten Flügelchen nicht ganz so furchterregend und im Zusammenspiel mit und im Gegensatz zu den Hirten eher harmlos.
„Laßt uns nun gehen gen Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat.“***
Auch wenn unsere Hirten ein etwas näheres Ziel bevorzugten, war dieser Gedanke doch mehr oder weniger Gegenstand der nun folgenden Handlungen mit weitausschweifenden Abwegen. Leider allerdings ob der weitausschweifenden Abwege kamen die Herren denn nun auch nicht zum Ziel ihrer Wünsche, welche vermutlich auch nicht unbedingt ihre Wünsche waren.
Hier schien es mehr, das der Weg das Ziel war und der Wunsch eher den Pfad zu verlassen um als Gaukler dem Namen „Knalltheater“ alle Ehre zu machen.
Die Bibel wurde beiseite gelegt und das Weltliche Rotkäppchen siegte über das geistvolle, vom intellektuellen Touch zur spaßigen Clownerie. Fließender Übergang und Aktewechsel mit dem Mann im Kasten.
Taschenlampenspots auf der Suche nach der Mutter.
Maria würde sich freuen bei soviel Enthusiasmus und zwei Sterne leuchteten den Weg…. „Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern gesehen im Morgenland und sind gekommen, ihn anzubeten.“**** Es gab ein mächtiges Durcheinander bei der Jagd der Taschenlampenspots, aber letztendlich doch eine Einigung und Raphael setzte sich ins rechte Spotlight. Um das näher zu verdeutlichen, folgte ein unanständiger Akt mit Puppen, dem wir glücklicherweise nicht vollends folgen konnten, da unsere Sichtweise der Dinge etwas eingeschränkt war.
Wir tranken einen Schluck und warteten auf Klarheit.
Die uns dann an diesem Abend leider nicht mehr heimsuchte – nun ja, trotz etwas erhöhtem Alkoholspiegel merkte ich, dass ich doch mehr ein Freund intellektuellen Stresses bin und das die Herren vom Knalltheater sehr gute Anlagen zu diesem hätten, wenn gewollt.
Das Spektakel hatte durchaus potential, was der Beginn bewies. Nur leider driftete das Ganze ein wenig in die Sinnlosigkeit ab, was ich sehr schade fand. Es gab eigentlich keinen Grund dazu, denn die Jungs vom Knalltheater spielen und inszenieren hervorragend und sind meiner Meinung nach zu sehr viel mehr imstande.
Eure Jana
*Lukas 2. Kapitel, Vers 8
**Lukas 2. Kapitel, Vers 9 und 10
***Lukas 2. Kapitel, Vers 15****Matthäus 2. Kapitel, Vers 2