Als ich neulich um die Ecke kam hörte ich im Radio, dass man in Google nach der Eingabe von “Wieviel sind” als ersten Vorschlag “800 qm” bekommt. Ich hielt das für Fake News, doch es stimmt tatsächlich. Es ging natürlich um die maximale Verkaufsfläche von Läden, die bald wieder öffnen dürfen. Sehr viele Leute, die das interessiert, sehen also bei Google nach, wieviel das ist. Darin sehe ich wieder die vollkommene Überlegenheit der Menschen gegenüber mir.
In meiner grenzenlosen Einfalt hätte ich mir gedacht, dass eine rechteckige Fläche aus zwei Seitenlängen gebildet wird z.B. mit der Einheit Meter, die man multipliziert, wodurch Quadratmeter entstehen und man sich für die ungefähre Vorstellung zwei Faktoren suchen muss, die 800 ergeben. Dabei darf jeder eine Null hinten haben, so dass die Frage bleibt: Was mal was ergibt Acht und da muss dann eine Null dran. Gut, das ist ein wenig knifflig, ich kam aber dann auf Zwei und Vier. Also 20m mal 40m.
Mir fehlt einfach die Kreativität, eine Frage zu stellen, die praktisch die Antwort schon enthält. Das ist wie: Wieviele Katzennäpfe sind zwei Katzennäpfe?
Für mich wäre zum Beispiel eine sinnvolle Frage: Wie groß ist ein Tennisplatz?
Was erwartet man denn für eine Antwort, wenn man fragt, wieviel 800 qm sind? Ich bin mir sicher, das wissen die Fragesteller selbst nicht. Wozu einen eigenen Gedanken verschwenden, wenn man für jede Frage die richtige Antwort präsentiert bekommt. Womöglich denkt man beim selbstständigen Denken noch was Falsches und schon ist man raus aus der wissenden Gemeinschaft, die dann verächtlich auf einen herab blickt. Tss tss tss.
Zum Beispiel kam im selbigen Sender, dass eine Komission jetzt wissenschaftlich ermittelt hat, dass es sehr schwierig werden könnte, genügend Ladestationen zur Verfügung zu stellen, wenn alle Leute Elektroautos fahren. Ich war völlig verblüfft. Zum Glück gibt es diese klugen Leute. In meiner Einfalt bin ich jetzt versucht zu denken, dass das irgendwie mit dem klug durchdachten Konzept der Autoindustrie und der Politik in Widerspruch steht. Ich Dummi, daran sieht man wieder wohin selber denken führt. Wahrscheinlich gibt es allerdings auch Menschen, die anfällig dafür sind, sich durch solche Meldungen verwirren zu lassen, was erklären würde, wieso die Meldung nun offenbar doch nicht in den Medien für die gestreamlineden Massen gelandet ist.
Aber was war denn nun die Antwort auf die Frage mit den 800 qm?
Erstmal mal zu der Einheit qm. Ich habe die unwissenschaftliche und ziemlich schmerzende Schreibweise übernommen. Vielleicht ist die Frage ja deshalb entstanden, weil die Leute mit der unkorrekten Schreibweise “qm” nichts anfangen konnten und nicht darauf kamen, dass es um Quadratmeter geht? Damit könnte ich leben. Dann wäre die Antwort bei Google gewesen, dass es sich bei “qm” offenbar um Quadratmeter in einer alternativen Schreibweise handelt.
Doch das war sie laut besagtem Sender keineswegs. Sie lautete, es wären etwas mehr als vier Tennisplätze. Nun habe ich fundiertes Grundwissen zu Tennis. Ich weiß dass es eine Steffi Graf und einen Boris Becker gibt, und einen McEnroe oder so ähnlich. Und dass die Zählweise der erspielten Punkte jeder mathematischen Logik widerspricht. Ich kam allerdings nie auf die Idee, mir ein Spiel anzuschauen und ich hatte bisher keine klaren Vorstellungen, wie groß ein Tennisplatz ist. Jetzt weiß ich, dass es etwas weniger als 200 qm sein müssen.
Damit zeigt sich, dass die vielen Leute, die diese Frage nach den 800 qm gestellt haben, ein viel klarer strukturiertes Wissen haben als ich. Sie werfen sinnloses, wie Multiplikation mit Zahlen über Hundert und lästige Quadratmeter, einfach über Bord, sofern sie sich überhaupt die vergebliche Mühe gemacht hatten, es sich erst anzueignen. Damit ist genug Platz im Gehirn für Interesse für etwas Sinnvolles, wie zum Beispiel Tennis anschauen. Dann hat man den Platz vor seinem geistigen Auge und muss nur mit der einstelligen Zahl Vier rechnen. Das nenne ich mal rationell. Kleinere Flächen könnte man vielleicht in Weitsprunggruben oder so was angeben, aber das würde ich den Fachleuten überlassen.
Mir fehlt hier einfach das Grundwissen.
Selbiges fehlt mir allerdings auch beim Verständnis für die Maßnahme mit den 800 qm. Ich war schon wieder versucht, zu denken, dass ein größerer Abstand zwischen Leuten mit einer größeren Fläche, auf der sie sich bewegen, in keinem Widerspruch steht. Das ergäbe die für mich scheinbar logische Folgerung, dass man in einem Geschäft das Angebot reduziert und die Regale weiter auseinander stellt, je weiter desto besser. Aber ich hab mich schon wieder ertappt, mir die falschen Gedanken zu machen. Die richtige Lösung lautet: Falls die Verkaufsfläche größer als 800 qm ist, dann sperre die übrige Fläche ab, dass da ja keiner hin kommt! So erreicht man einen größeren Abstand zwischen den Leuten.