Mit einer Stimme wie ein Vögelchen und einem Selbstbewusstsein einer Diva sang und inszenierte sich Florence Foster Jenkins in die Herzen der Menschen. Bis heute kursiert ihre Interpretation der Königin der Nacht aus Mozarts Zauberflöte in YouTube umher und weckt Neugierde auf ihre Lebensgeschichte.
Somit ist völlig klar, dass das Stück „Glorious“ im Schauspielhaus Chemnitz für einen vollen Zuschauersaal sorgte. Und DAS auch mit Recht.
Ich kann schon mal vorwegnehmen, das Stück lässt keine lange Weile aufkommen. Spannend bis zur letzten Note, eine wunderschöne Hommage an Florence Foster Jenkins in einer komödialen Aufführung brillant gespielt von Katka Kurze als Florence, Marko Bullack als ihr Pianist Cosmé McMoon, Philipp von Schön-Angerer als Ehemann St. Clair Bayfield, Ulrike Euen als Freundin Dorothy, Magda Decker als unverständliches Dienstmädchen Maria und Lauretta van de Merwe als aufständische Kritikerin Mrs. Verindah-Gedge.
Diese Inszenierung
ist so unglaublich mitreißend und verzaubernd, dass man wirklich glaubte, Florence Foster Jenkins steht auf der Bühne und wir sind ihr Publikum.
Ja, auch wir haben uns mitreißen lassen von der Stimmung, die sie zu ihren Konzerten verbreitete. Katka Kurze wurde zu Florence Foster Jenkins und spielte ihre Rolle so liebevoll, dass man meinen könnte, Sympathie für diese verrückte an totaler Selbstüberschätzung leidende Florence Foster Jenkins zu spüren.
Was ist das nur für ein Phänomen, dass Menschen gefallen finden an solchen Gestalten?
Ist es, weil sie einem das Gefühl geben es gibt noch dümmere Menschen auf der Welt, als man selbst ist? Oder ist es einfach nur Bewunderung für Menschen, die sich trauen ihren Traum zu verwirklichen? Die einfach das machen, wozu sie Lust und Laune haben ohne Rücksicht auf Verluste? Oder will die Menschheit nur niveaulos bespaßt werden ohne Rücksicht auf Verluste?
Florence Foster Jenkins war der Vorläufer auf Shows, die jetzt tagtäglich über den Äther strahlen und von Millionen Klicks beglückt werden mit Tribut an die Blödheit.
Brauchen wir Menschen solche Abwechslung zum langweiligen oder zu anspruchsvollen Alltag? Wollen wir uns einfach verstecken vor der düsteren Wirklichkeit an die wir fest glauben?
Florence Foster Jenkins bespaßte die amerikanische Oberschicht
zwischen den zwei Weltkriegen und mittendrin. Faszinierende 20er-Jahre-Zeit. Zeit von Innovation, Veränderung und Aufbruch. Zeit der Erneuerung der Welt? Amerika-Zeit der unbegrenzten Möglichkeiten? Europa-Zeit der Weimarer Republik, des Bauhauses, der Junker-Industriezeit des Durcheinanders der Weltgeschichte?
Florence Foster Jenkins, die Tochter eines Bankiers und Rechtsanwaltes, die Diva einer Spaßgesellschaft, die sein Geld erbte, und es nutze, um ihren Traum in ihre Wirklichkeit umzusetzen.
Das Geld ist der Schlüssel des Erfolges und wer die meisten „Klicks“ kaufen kann, steht ganz oben auf der Liste der Schwärme und Herden.
Florence Foster Jenkins hatte ihren Schwarm um sich. Nur handverlesenes Publikum durfte mit ihren Solokonzerten Spaß haben. Geld erfüllt Träume und sie erfüllte sich ihren und wurde zum Geheimtipp der New Yorker High Society bis zu ihrem letzten großen Konzert in der „Carnegie Hall“ wo sie Geld investierte und mit 2500 Plätzen lückenlos ausverkauft war und wo so mancher sagt, dass sie dort schmerzlich auf den harten Boden der Bühnenbretter donnerte. Die Pressekritiken waren zerschmetternd, aber der Applaus des amüsierten Publikums unübertroffen.
Sie erlitt kurz nach der Aufführung einen Herzinfarkt und verstarb einen Monat später. Wegen der schlechten Kritiken? Oder weil sie einfach mit 74 Jahren nach so einem Höhepunkt ihr Leben als gelebt betrachtete? Schon irgendwie ein trauriges Ende, aber so schön dargestellt in der Komödie von Peter Quilter, der ihren Traum nicht durch böse Kritiken zerplatzen und dem Stück ein gutes Ende zukommen ließ.
Das Schauspiel Chemnitz zeigte eine wunderbare Aufführung, die sogar in Qualität und Art zum Londoner Westend passen würde.
Das Publikum lachte Tränen vor Vergnügen.
Es war eine schöne Sache, für einen locker flockigen Samstagabend mit hauptsächlichem Vergnügungscharakter, aber auch unglaublichem Potential zum Nachdenken für den, der das möchte, mit dem Prädikat „unbedingt empfehlenswert!“
Eure Jana