Geithain

Neulich bekam ich die Gelegenheit, mich mal wieder in Geithain umzusehen.

Das ist die letzte Stadt in der Nähe von Schwarzbach mit einem genutzten Bahnhof. Wobei das Gebäude an sich nur noch so dasteht, ohne einen erkennbaren Sinn.

Jedenfalls hatte hier die LPG, bei der ich mal gearbeitet hab, eine Veranstaltung und ich hatte mein Moped in den Bushaltestellenbereich gestellt, weil einfach kein Platz war. Das sollte verjährt sein, hoffe ich. Ein Polizist hatte sich nun neben mein Moped gestellt und erwartete mich. Dadurch wurde der Haltestellenbereich noch mehr eingeschränkt. Ich wusste zwar, dass ich was falsch gemacht hatte, hatte aber keine Lust auf eine herablassende Moralpredigt, wie das damals so üblich war. So nutzte ich meine Eigenschaft, dass ich von einem Teil der Menschen einfach nicht wahrgenommen werde. Ich hielt mich unauffällig auf der anderen Straßenseite auf, bis der Polizist dem Moped den Rücken zudrehte, weil er ein wichtiges Gespräch mit einem Passanten führen musste. Ich nahm Zündschlüssel und den anderen fürs Lenkerschloss in die Hand, steckte den Zündschlüssel leise rein und schaltete die Zündung ein. Dann löste ich das Lenkerschloss mit geübtem Handgriff, schob das Moped leise vom Ständer und rannte los. Ich sprang auf, zog die Kupplung, legte den zweiten Gang ein und lies die Kupplung los. Das Moped sprang sofort an und ich war weg. Noch schnell den Benzinhahn auf. Seitdem plagt mich mein Gewissen. Nicht wirklich. Genau genommen könnte ich mich jedes Mal drüber totlachen, wenn ich dran denke.

An dem Gebäude, wo die Veranstaltung stattfand, hing jetzt eine große Fahne mit dem Konterfei eines Mannes und der Aussage, dass er meine Immobilie professionell vermarkten will und unzufrieden ist, solange ich es bin. Mir ist es ein Rätsel, wieso er glaubt, sein Gesicht auf der Fahne würde dem Geschäft nützen, vielleicht glaubt er, nicht wie ein Immobilienhai auszusehen.

In einem anderen Schaufenster wurde nach Immobilien aller Art gefragt. Gut zu wissen, dass die Geithainer Immobilien so gefragt sind!

Man muss sagen, Geithain ist wirklich ein wunderschönes Städtchen mit schönen Häusern,

kleinen Gässchen

und einem gemütlichen Markt.

Aber warum stehen dann so viele Läden leer? In bester Lage?

Zu vermieten
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Das war schon bedrückend. Auf dem wunderschönen Markt mit einem wirklich schönen Springbrunnen stand einsam ein Wagen, der Döner verkauft hat.

Da war auch ständig Kundschaft. Das erinnerte mich daran, als ich mal am Schwarzen Meer bei Sotschi in so einem Nest war, da stand auch ein Wagen mit Krewetka und Bier, in Ermangelung anständiger Geschäfte.

Einige Läden in Geithain wurden von Einwanderern geführt. Mein Vater sagt, die würden sich noch richtig um ihn als Kunden kümmern. Fehlt es den Urgeithainern an Geschäftssinn oder Nachwuchs?

Sinnvollerweise war auch das Emaillierwerk einst geschlossen worden. Wir haben damals noch ein Topfset mit einem Muster von Villeroy und Boch ergattern können. Die Töpfe sind leicht und für den Induktionsherd geeignet. Voll im Trend.

Obwohl für meine Wohnstube 1985 nur ein Ofen mit 4000 kcal genehmigt worden war, verkaufte mir Emil Freiberg in Geithain damals einen mit 4800. Er war auch immer privat gewesen und hatte schon die Dreschmaschine bei uns eingebaut (vor meiner Zeit). Ich hatte mich mit ihm eine Weile unterhalten, da er meine Eltern und Großeltern kannte, und nebenbei auch kurz seinen Sohn gesehen, von dem er sagte, dass er einen Doktortitel hätte. Ich ging nun zu seinem Laden und sein Name stand noch dran. Im Fenster waren alte Rechnungen mit seinem Briefkopf sowie einige Gegenstände, die er so im Angebot gehabt hatte.

Der Laden war sehr vielseitig gewesen. Blickte man aber durch die Scheibe in das Geschäft hinein, war da eine Art Büro und keine Verkaufsräume mehr. Wenn der Laden nicht mehr existiert, wieso wurde dann sein Andenken so bewahrt? Das konnte doch nur sein Sohn sein, dachte ich mir. In einem weiteren Fenster sah ich dann auch seinen Namen und Titel und verschiedene Dokumente. Offensichtlich hat er ein Geschäft, das mit Gummigranulat handelt, wie auch immer. Ich merkte mir RTW, offenbar die Firma, und Ambigran, das Produkt. Ich würde das später im Internet recherchieren.

An anderer Stelle fand ich eine weitere interessante Firma FNE, Fuel New Energy. Stellten die etwa den Sprit her, mit dem man die Welt retten könnte? Auch das würde ich nachschauen.

Als ich das dann später tat, wurde ich allerdings zweimal schwer enttäuscht. Es gab die Firmen zwar in Telefon- und Branchenbüchern, aber von keiner war eine eigene Homepage zu finden.

Es wurden in den Neunzigern Einkaufszentren wie das Chemnitzcenter in Röhrsdorf, Nova Eventis in Günthersdorf oder der Sachsenallee in Chemnitz aus dem Boden gestampft. Alle existieren heute noch. Kann man nicht einfach ein ganzes Stadtzentrum wie das in Geithain genauso verwalten wie so ein Einkaufszentrum? Nun liegt es nicht direkt an der Autobahn, hat aber immerhin eine ganz gute Anbindung an die A72.

Schaut man sich aber genauer um, kann man immer noch sehr viel Interessantes entdecken. Da gibt es sie immer noch, die Lädchen mit Liebe und Phantasie im wunderschönen Zentrum!

Da ist Elektrolöffler, bei dem habe ich früher oft Installationsmaterial gekauft. Jetzt ist da die Post mit drin.

Nichtsdestotrotz existiert der Laden und hat richtig tolle Schaufenster mit tollen Lampen zum Beispiel.

Dann gibt es ein Geschäft vom DRK mit lauter tollen Produkten aus Keramik, von Behinderten hergestellt. Allerdings mit etwas eingeschränkten Öffnungszeiten.

Und weiter geht’s zu einer Drogerie mit riesiger Auswahl an Seifen und einigen Dingen, die eher drogerieuntypisch sind. Sehr empfehlenswert, da mal reinzuschauen.

Und schließlich das Geschäft Schenkel mit Blinkern und Vergasern für DDR- Mopeds, modernen Fahrrädern und allem, was man in Haus und Garten so braucht.