Als frisch gebackenes Mitglied im Kunstverein nutzte ich jetzt die Gelegenheit, mir hier einen Vortrag zum Thema Träumen anzuhören und natürlich auch die Ausstellung “In Between. Traumwelten. Vom Träumen und Leben.” dazu anzuschauen.
Das Plakat mit der jungen Frau und der rauchenden selbstherrlichen Echse, überall in Halle zu sehen, machte schon mal ordentlich neugierig. Tatsächlich empfand ich dieses Bild auch als Bestes der Ausstellung. Ausstellungsstücke waren hauptsächlich Schwarzweißfotos bzw. Fotomontagen und einige Kurzfilme. Oft waren schlafende Menschen zu sehen, wie auch in der Installation in der Vortragshalle, wo ein Film mit einem lebensgroßen Bett mit zwei Personen auf den Fußboden projiziert wurde. Das war lustig. Das meiste andere allerdings nicht. Es wurden Orte gezeigt, meist mit einer Person darauf, die auf mich sehr negativ und unheimlich wirkten.
Positiv empfand ich lediglich einige wenige bunte Bilder von Sascha Weidner und Sibylle Bergemann. Eine Weile habe ich Kurzfilmen von Hanna Schygulla zugesehen, was ich dann abbrechen musste weil sie emotional einfach unerträglich waren. Dagegen war mein Albtraum
, den ich 25 Jahre lang immer wieder hatte, eine regelrechte Stimmungskanone. Insofern wurde das Thema Traum bzw. Albtraum sehr gut getroffen. Ok, ja, die wenigen positiven bunten Bilder waren viel größer und hingen den Fenstern gegenüber, so dass sie schon auch ihre Stimmung gut entfalten konnten. Aber ich hatte nicht wirklich Assoziationen mit ihrem Inhalt. Oh, wahrscheinlich sagt so etwas jetzt mehr über mich aus, als ich erahne, und ein Psychologe wird mir womöglich empfehlen, mal ein paar Stunden zu nehmen. Ich denke trotzdem, der Anteil an positiven Träumen ist bei mir persönlich doch größer.
Mit welchen Erwartungen geht man nun zu so einem Vortrag? Einfach mal erfahren, was andere so über das Träumen denken und sehen, ob sie ähnliche Fragen haben. Ich hab mal vor dreißig Jahren etwa auf DT64 eine Sendung über Siegmund Freud gehört. Der hätte mal gesagt, was man träumt ist nie das, was eigentlich gemeint ist. Das glaube ich nicht. Und, träumt man, dass man in einem Haus rumstöbert, ist das eigene Ich gemeint. Das glaube ich allerdings.
Einmal bekam ich im Traum die Aufgabe, 16 hoch 3/4 zu rechnen. Im ersten Moment dachte ich, das wäre im Kopf gar nicht möglich. Bis ich drauf kam, dass es das sehr wohl war. Wie kann sich mein Kopf eine Aufgabe ausdenken, die er selbst erst für unlösbar hält, wohlwissend, dass sie es doch ist, und mich sie dann im Traum lösen lassen?
Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass Menschen im Schlaf (und nicht nur da) in Gedanken miteinander kommunizieren oder zumindest Emotionen austauschen können. Von eineiigen Zwillingen hört man das ja immer mal wieder, also warum nicht?
Und bei der Gelegenheit will ich auch mal noch von einem Traum von einer sehr sehr durch und durch nicht nur äußerlich hässlichen Frau erzählen, die mich zudem auch noch ängstigte. Der Traum ging sehr lang und ich konnte mich kurioserweise danach an fast alles erinnern. Inzwischen hab ich die Details vergessen, aber das Tolle war, dass die Frau nach und nach Stück für Stück immer schöner geworden ist. Am Ende war sie wunderschön und der Zug, der sie erst so hässlich machte, machte sie jetzt umso interessanter. Ich denke ich kenne jetzt die Bedeutung.
Der Vortrag von Dr. Jan Weinhold, Diplom-Psychologe, tätig an der Deutschen Hochschule für Gesundheit & Sport in Berlin, nannte sich „Streifzüge durch die psychologische Traumforschung“.
Offenbar kamen mehr Leute, als gedacht, weshalb auch kräftig aufgestuhlt werden musste. Das lag sicherlich nicht nur daran, dass die Kunsthalle jetzt wieder von der Straße aus frei zugänglich ist.
Es gab eine Powerpoint -Präsentation im Stil einer Uni- Vorlesung. Wir haben gelernt, dass zuerst hauptsächlich Träume von seelisch kranken Menschen für deren Therapie genutzt wurden. In der Sprache wird das Wort Traum sowohl positiv als auch negativ genutzt, Traumjob, das fällt mir im Traum nicht ein. Einiges Fachwissen über REM-Schlaf kam natürlich. Positive Erlebnisse bewirken positive Emotionen im Traum, aber längst nicht jeder Traum ist emotional. Und überhaupt sind Träume viel seltener bizarr als man allgemein so annimmt. Aber sind wir denn nicht alle gekommen, weil uns das Bizarre so fasziniert? Und dann erfahren wir auch noch, dass wir hauptsächlich nur kontinuierlich das weiterträumen, was wir am Tag erlebt haben. Nur manche träumen komplementär, sie versuchen hier was zu kompensieren, was ihnen sonst fehlt. Fehlt ihnen das allerdings tagsüber auch schon, dann ist es doch wieder Kontinuität. Nur wenn man lange schläft, wird es dann richtig schön bizarr und zusammenhanglos. Und da kann man sich dann auch ganz gut erinnern. Das Erinnern kann man sich überhaupt schnell antrainieren. Denkt man tagsüber einfach ab und zu über Träumen nach, so bleiben neue Träume schnell im Gedächtnis haften. Diese können dann gern künstlerisch verarbeitet werden.
Ok, jetzt wissen wir alles Wissenschaftliche. Und dann endlich das Thema: Wie kann man Träume verstehen, was sagen sie uns? Oder wollen wir aus Zeitmangel das Thema weglassen? An der Reaktion bemerkte man, warum die meisten eigentlich hier waren. Nunja, jetzt lernen wir auch noch, dass man die Symbole, die es so gibt, getrost vergessen kann. Jeder muss die Antwort für sich selbst finden, nur der Träumer kann im Lebenskontext den Traum verstehen. Wieder was nicht wirklich mystisches.
Dr. Weinhold hatte sich während seines Vortrages einige Mal für Gespräche danach angeboten. Die Chance zu so einer Unterhaltung rechnete ich mir dann doch sehr gering aus. Allerdings konnte die dann in einer besonders entspannten und angenehmen Atmosphäre stattfinden. Das lag nicht zuletzt an dem liebevoll angerichteten Buffet mit Wein und Fettbemme mit besonders wohlschmeckendem Brot.
Alles in allem eine interessante Veranstaltung im schönen Ambiente der Kunsthalle. Man sieht interessante Menschen und ein schönes Gespräch am Rande macht so einen Besuch allemal lohnenswert.