Gutbürger Maus

Gutbürger Maus

Es ist Sonntag und ich komme um die Ecke und der Fernseher läuft. 

Es gibt eine Verletzte.

Drei Helden, einer von ihnen ziemlich eng mit der Verletzten befreundet, beginnen, der Sache nach zu gehen. Sie finden ein Haar, doch sie haben keinerlei Möglichkeiten, das Haar jemandem zuzuordnen. Trotzdem wird sofort ein gemeines Verbrechen vermutet. Ein entfernter Nachbar ist für sie allein durch die Tatsache verdächtig, dass er anderer Abstammung ist und andere Essensgewohnheiten hat. Sofort ziehen sie los und finden ihn in schlechter Verfassung vor. Er wird in Selbstjustiz sogleich gefesselt und eingesperrt, ohne die Möglichkeit, sich verteidigen zu können und ohne ihm Beweise vorlegen zu können. Danach wird eine Riesenfeier veranstaltet voller Selbstbeweihräucherung.

Als dann der Freund der Verletzten die selbe Blessur bekommt, erkennt man die Ursache. Es war ein Unfall.

Der Verdächtige wird nun immerhin laufen gelassen.

Jedoch ohne ein Wort der Entschuldigung, sondern mit Hohngelächter und dem Hinweis, er möge doch so werden wie sie, dann würde man ihn auch nicht mehr verdächtigen. Dabei ist ihm das gar nicht möglich.

Für meine Begriffe verstößt das massiv gegen Ethik und Moral, doch hier werden die Helden tatsächlich als positive Helden dargestellt. Und das in einem öffentlich rechtlichen Sender, noch dazu im Kinderfernsehen: Der Sendung mit der Maus. Es handelt sich um eine der Geschichten aus Mullewapp. Die Freunde sind ein Hahn, eine Maus und ein Schwein. Vielleicht kann man ihnen zu Gute halten, dass die Maus Johnny Mauser psychische Probleme hat wegen der ständigen Angst, vom Kater Theodor gefressen zu werden. Franz von Hahn war stark vom Anblick seiner verletzten Freundin verstört und für das Schwein Waldemar ist im Gegensatz zu Siegmund Freud offenbar das Fressen die Mutter aller Motive.

Aber was bewegt sie dazu, den Fuchs zu verdächtigen,

was sie nämlich sogleich taten? Der hätte doch keine halbe Sache gemacht. Ja, da war ein Haar, und? Nungut, reiten wir da mal nicht weiter darauf herum. Der Fuchs lässt sich dann auch noch ohne Widerstand gefangen nehmen, da er ausgehungert und entkräftet ist, doch keiner fragt, ob er ein Alibi hat. Nein, es wird gefeiert und gefressen, während dieser unschuldig in Gefangenschaft sitzt. Dabei wird er von einem Verwandtem, dem Hund, bewacht, der ebenfalls nichts zu sagen hat und auch an der Feier nicht teilnehmen durfte, soweit ich das in Erinnerung hab.

Als dann der Hahn genau wie seine Freundin auf die mit den Zinken nach oben herumliegende Harke tritt knallt er sich ebenfalls den Stiel vor den Kopf.

Immerhin wird der Fuchs jetzt freigelassen, der am ganzen Körper gefesselt war. Anstatt einer Entschuldigung oder ein paar Essensresten erntet er jedoch nur Hohngelächter und Spottreden. Er solle sich andere Fressgewohnheiten zulegen, dann würde er auch nicht mehr verdächtigt.  

Hätte man seine vermeintliche Klugheit mal darauf verschwendet, ein wenig auf die Grundregeln von Ordnung und Sicherheit zu achten, hätte einiges Leid vermieden werden können.

Doch hat man deshalb Gewissensbisse?

Nein, man lacht und ist selbstzufrieden und verspottet den, dem man selbst noch direkt Leid zugefügt hat. Das eigentliche Opfer wird ausgelacht. Das erinnert mich an Alfons Zitterbacke, der alles richtig machen wollte und immer nur Pech hatte. Mich hat das immer total traurig gemacht, aber viele andere fanden das offenbar lustig. Ich dachte, das hängt vielleicht mit der verkommenen Moral der DDR zusammen, doch jetzt erlebt man das auch im gemeinsamen deutschen so hochmoralischen Fernsehen, wo über bestimmte Sachen kein gutes Wort verloren werden darf. Kinder werden dazu erzogen, sich als was Besseres zu fühlen, nur weil der andere anderer Herkunft ist. Und wenn sie ihn gedemütigt haben dürfen sie ihn noch verspotten.

Trotzalledem:

Als Katze habe ich natürlich eine spezielle Einstellung zu Mäusen. Ganz speziell zur Sendung mit der Maus, die nach wie vor hervorragend und für mich die beste Sendung im deutschen Fernsehen ist. Hier sehe ich die GEZ – Beiträge sinnvoll angelegt und man bedankt sich sogar dafür nach jeder Sendung, im Gegensatz zu Sportsendungen.