Eine unendliche Geschichte…

Eine unendliche Geschichte
Geknipst bei der ibug 2019 in Reichenbach im schönen Vogtland.

„Es gibt Menschen, die können nie nach Phantasién kommen, und es gibt Menschen, die können es, aber sie bleiben für immer dort. Und dann gibt es noch einige, die gehen nach Phantasién und kehren wieder zurück.“1
Eine „unendliche Geschichte“, denn Phantasién geht und entsteht.

Es ist einfach in unseren Köpfen und es ist ein so schön angenehmes Gefühl, wenn Phantasién mit seiner gemütlichen Wärme und interessanter Ausprägung uns Ideen in unseren runden Kopf schüttet, damit das Denken die Richtung wechseln kann.

Einmal so und einmal so, die (Gedanken-) Welt ist reich an Interessantem, an Spannendem, was uns von einem Ereignis in ein anderes driften lässt, so dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll sich hineinfallen zu lassen. UND! Man kann sich nur voller Glück hineinfallen lassen und die Welt der „Kindlichen Kaiserin“1 wachsen lassen und sich selbst mit Freude versorgen und mit Ideen für ein interessantes Leben.

Und damit einem die Lust des Aufbruchs zu neuen Ufern und das Bewegen in spannenden Sphären wieder in the Mind kommt, könnte man mal wieder Michael Endes „Unendliche Geschichte“ lesen, oder man könnte nach Chemnitz fahren und sich die Theaterversion dazu anschauen. Man könnte allerdings auch auf Fuchur durch die Wolken reiten mit „The Neverending Story“ von Limahl im Ohr.

Naja, und irgendwie passt das „Take on me“ Video von a-ha auch dazu…. Hm….

Ist eben die modernere Version von in-der-Phantasie-verschwinden. Anstelle von einem Buch eben ein Comic.

Ist es nicht schön, Leudde, so einfach in die Phantasie zu verschwinden?

Vielleicht in irgendwelchen Netflix Serien, oder in Minecraft Welten. Es gibt auch noch Menschen, die Bücher lesen oder einfach in die Luft gucken und so wie „Hans guck in die Luft“ in Träumereien versinken. Ist das jetzt falsch oder richtig? Also die Kindliche Kaiserin sagt, es ist unbedingt notwendig, da sonst die ganze Phantasiewelt verschwinden würde aber die 3 Fischlein lachen immernoch über Hans‘ Badespaß. „Tu, was Du willst!“ waren die wegweisenden Worte auf dem Amulett „AURYN“1

Wie wäre es dann, wenn wir tun würden, was wir wollten?

Oder tun wir vielleicht schon, was wir wollen? Können wir mit „Tu was Du willst“ Phantasien retten? Würden wir nicht untergehen, wenn wir immer tun würden, was wir wollten?

Winkemieze in der unendlichen Geschichte - Kulturspalte

Aber was bringt denn dann Fortschritt und Kunst in die Welt, wenn nicht einige Menschen tun würden, was sie wollen? Was wäre denn, wenn ich ab morgen tun würde, was ich wollte? Ich glaube, dazu braucht man eine Menge Mut zu. Ich glaub, ich bin da zu feige. Das heißt aber nicht, dass ich keine Phantasie hätte und nicht daran arbeiten würde die Tu-was-Du-willst-Phantasien in die Realität zu transferieren. Manchmal braucht man neben Mut allerdings auch mal so einen Fuchur Glücksdrachen dazu oder so eine Winkemieze.

„So ein Quatsch!“ sagte die Grinsekatze. „Glücksdrachen und Winkemieze?“

„Dann sag mir doch, wohin ich gehen soll!“

„Das hängt zum großen Teil davon ab, wohin Du möchtest.“2
Gute Frage – hm – und wohin möchte ich? Lasse ich mich jetzt in ein unendlich tiefes Loch fallen und jage einem weißen Kaninchen hinterher, oder tue ich, was ich will und jage meinen Phantasien hinterher?

Die Grinsekatze in der Kulturspalte

„Phantasie ist die einzige Waffe im Krieg gegen die Wirklichkeit!“2 Na dann lasst uns mal in den Krieg ziehen, zusammen mit der Grinsekatze und dem Glücksdrachen oder gehen wir erst mal ins Theater nach Chemnitz um zu sehen, wo das hinführen wird. Auf alle Fälle wollten das wohl viele Menschen wissen, denn die Vorstellung war bis auf den letzten Platz ausverkauft. Wunderbares Theater für die ganze Familie und zum Wegträumen in eine andere Welt. ABER denkt daran, „nur wer sich selbst erkennt und weiß, was er wirklich will, findet den Weg zurück nach Hause.“1

Wobei man hier nicht weiß, ob das derjenige auch möchte. Heißt das im Umkehrschluss, wenn man das nicht möchte ist man in seinen Phantasien gefangen und kommt nicht wieder hinaus in die Realität? Man hat sich also nicht selbst erkannt und weiß nicht, was man will? Aber man erschafft eine Phantasiewelt und rettet damit die kindliche Kaiserin und alle wunderbaren Wesen in ihrem Reich.

Vielleicht erschafft man ja auch etwas unglaublich Innovatives, denn Innovation kommt durch Phantasie. Wobei man dann aber doch sich selbst erkennen und ein Ziel haben sollte, also schon wissen sollte, was man will. Aber dann wird das Leben wieder nüchtern, weil man merkt, dass Innovation ohne Geld zusammenbricht, wie das Reich der kindlichen Kaiserin ohne Phantasie und sofort denkt man an Ludwig Meidners „Klagende vor untergehender Stadt“.

Das Bild in der Ausstellung „Das Frauenbild der 1920er Jahre“ der Talstrasse hat mich sofort an die unendliche Geschichte mit dem zusammenbrechenden Phantasién erinnert.  

Die 20er Jahre erinnern schon irgendwie an Innovation und Aufbruch, eben an eine Reise ins Phantasién.

Eine Reise in eine neue spannende Welt.

Und komisch, alle sehnen sich nostalgischer Weise nach den 20er Jahren zurück, nach den 1920er Jahren – 100 Jahre in die Vergangenheit in eine Zeit des Umbruchs. Egal, in welcher Weise das letztendlich endete, aber zu dem Zeitpunkt änderte sich die Geschichte. Die Weimarer Republik war der Trigger für unser heutiges Leben.

Vielleicht ist es deswegen so faszinierend, wie die Menschen in dieser Zeit existierten. Die Kunsthalle Talstraße in Halle hatte ja schon öfter die 20er Jahre im Blick, diesmal mit den Frauen dieser Zeit und der „Frankfurter Küche“, DAS! vor dem Bauhaus und mit den ersten LEAN Versuchen.

So faszinierend die 1920er Jahre und sie ziehen sich durch das ganze mediale Universum…. Max Rabe singt mit Felix Kummer „verweichlichte Befindlichkeitsscheiße“3 und Dessau hat Charlie Chaplin mit Orchester auf dem Plan. Krasser kann die abendländische Wohlstandsgesellschaft nicht ticken -> digitalisiertes Multimedia 4.0 vs. 20er Jahre Boom im Jahr 2020.

Wir denken rückwärts, wir denken vorwärts – rückwärts – vorwärts – rückwärts -vor – zurück und fühlen uns depressiv, so wie der Herr Kummer, denn mit 30 ist das Leben zu Ende und wir verfallen in elterlichen Alltagstrott4 – hm – na immerhin scheint es bei Peter Fox mit Seeed und Ricky Dietz nicht so zu sein. Peter Fox war schon damals ein leuchtender Lichtblick in unserer deutsch dekadenten Deprisehnsuchtswelt und ist es auch jetzt selbst mit seinen gesellschaftskritischen Songs wieder.

Ich sehne mich zurück nach dem fröhlich bunten VSK-Potpourri

und nach der alten Philosophie Filme zu machen. Rührend traurig komisch, wie Charlie Chaplins „Lichter der Großstadt“, immer hoffnungsvoll positiv… nicht wie die sich jagenden Netflix-Depri-Phantasie-Monster-Produktionen. Warum wollt Ihr das Gemüt des Volkes depressieren? Von Umweltschutzdepriapokalypsen über Pandemiehorrorphantasien bis zu Terroruntergangsszenarien. Steuern mit Angst war immer schon ein bewährtes Mittel. Steuern mit Patriotismus funktioniert auch, aber hat einen schlechten Beigeschmack, zumindest in Deutschland.  

Lichter der Großstadt am Anhaltischen Theater in Dessau
Die 1920er Jahre wiederholen sich und alles kommt wieder.

Die AfD wird Deutschland regieren und ein dritter Weltkrieg wird die Menschheit vernichten – hä?!? Aber wozu machen wir uns dann noch Sorgen um den Umweltschutz? Also ich meine, dann können wir doch gleich alles hinschmeißen und uns in unserer Depri baden, dass es sich gewaschen hat und dann langsam verschwinden. Oder, wisst Ihr was Leudde, wir machen das so, wie der Peter Fox vorschlägt, lassen einfach die Sau raus und genießen den „letzten Tag“.5

Oder so, wie die Frauen in den 20ern von damals – außer Käthe Kollwitz natürlich. Das ist die einzige Künstlerin, die das wahre Gesicht der Straße für uns festgehalten hat. Das sollten wir uns ansehen. Da können wir uns in unseren Depressionen baden und auf das Ende warten.

Der Rest in der Sammlung von Frank Brabant, welche die Kunsthalle Talstrasse in Halle vor Kurzem zeigte, schaut da nicht wirklich so herunterziehend daher.
Sicherlich liegt es daran, dass Frau früher, so nach dem 1 WK wieder aufatmete und Fröhlichkeit suchte.

Jetzt haben wir ja keine allzu großen Sorgen und deshalb müssen wir uns welche machen um die dann ausschweifend tiefgründig politisch auszuweiden und zu diskutieren und Gegenmaßnahmen erfinden, die dann sowieso keiner umsetzt – wegen Uneinigkeit oder Ressourcenmangel. Ach, ist das alles nur kompliziert. Wir sollten uns besser mit unserer virtuellen Welt beschäftigen und mit Minecraft Häschen kuscheln.

Minecraft by Kulturspalte

Oder mit Pokémon Gassi gehen.

Pokemon in der Kulturspalte.

In unserer grauen Welt ist das genau das Richtige um die vielen Katastrophen zu verdrängen bis der Untergang dann da ist. Lasst uns mal fix in unser Phantasién verschwinden…

Was im Übrigen auch gegen Depressionen hilft, ist, schöne Dinge zu bestellen. Das ist zwar nicht so gern gesehen wegen dem Umweltschutz und der schlecht bezahlten Paketversandangestellten bei sparsamen globalen Firmen, aber es heitert uns auf Dinge zu besitzen. Deichkind hat sich damit sehr gut in ihrem musikalischen Statement beschäftigt und wir nicken ein nickendes „Ja“ im Takt zu guter zeitkritischer Musik. 6 Auch Seeed hat sich mit dem Thema beschäftigt und weißt uns mit „G€LD“ darauf hin: „Geb es aus, shop allerlei. Ja, ich geb es zu, Money macht frei.“7

Aber eigentlich, Leudde, spricht man nicht über Geld.

Drum lasst uns über Kunst reden, da stinkt das Geld nicht so offensichtlich zum Himmel, wie z.B. im K.I.Z. Song „Geld“… also, Ihr seht schon, Geld ist immer ein wichtiges Thema in unserer Gesellschaft. Wie heißt denn nun das Zauberwort?8 „Geld?“, nein „Kunst“ und Herr Brabant hat davon eine ganze Menge gesammelt. Aber Kunst und Geld helfen nur teilweise vor Depressionen. Aber immerhin… also lassen wir uns mal so richtig in die Kunst fallen und durchstöbern Herrn Brabants Sammlung über Frauen der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts.

Femme Fatale in der Talstrasse in Halle
Die klassische Moderne der Sammlung Brabant – zwischen Femme fatale und Broterwerb

Die „Mutter mit Kind“ von Erich Borchert aus dem Jahre 1929 erinnert schon sehr an Bauhaus, erkannt, ohne den Text dazu zu lesen…. und ja, da ist es wieder unser geliebtes Bauhaus, was im letzten Jahr 100 Jahre alt geworden ist.

Das Bauhaus, der drastisch schockierende Übergang von schnörkelig kuschelig zu geradlinig praktisch. Peng! Willkommen in der neuen Welt – nagut, der Jugendstil hat sich zwischendurchgemogelt und schon freudig darauf hingearbeitet. Es passierte somit nicht ganz so drastisch, aber es passierte. Die Welt ist verrückt geworden und kommt mit verrückten Ideen Verrückter daher – alles Dada oder was?

Die Kunstwelt entartet sich, sagen manche und verfeuern die neue innovative Phantasiewelt. Aber, sie ist nicht tot zu kriegen. Sie quetscht sich heraus aus dem BILD-gesteuerten Mainstream und intellektualisiert die Zeit. Eine neue Welt wird geboren und ist nicht mehr zu streichen aus der Menschheitsgeschichte, auch wenn politisch größenwahnsinnig narzisstische Machtspiele von Individuen ganze Völker zurück in die unterste Schublade primitiver Verhaltensweisen katapultieren.

Wie steure ich ein Volk zu meinen Gunsten?

Wie funktioniert Propaganda? „In dieser geschichtlich gesehen relativ so kurzen Zeitspanne hat sich in Deutschland die Propaganda als eine politische Machtgröße allererster Ordnung erwiesen. (…) Auch die Propaganda muss gekonnt sein. (…) Sie hat wie jede große Kunst ihre dafür besonders befähigten Menschen…“ – hm – Influencer? Wer beeinflusst wen und wie? Warum gibt es Menschen, denen alle unbesehen hinterherrennen? Was haben die für eine Macht auf uns kleines dummes Volk?

Sie schaffen es, dass denkende Menschen ohne nachzudenken ihnen folgen, sogar bis in den Tod. Das macht einem schon ein bisschen Sorge. Was sind denn jetzt die Auswahlkriterien für´s Folgen? Warum folgen z.B. so viele der AfD und so wenige den Umweltschützern? Oder kommt uns das jetzt nur so vor wegen der Propaganda oder Werbung- bzw. Medienpräsenz und -steuerung? Wie bekommen wir unser Hirn frei von äußeren Einflüssen? Wie können wir Propaganda und Werbung ausblenden? Wie können wir dem entfliehen?

Gar nicht – es wird an uns von allen Seiten herumgezerrt. Es wird um jede einzelne Seele gekämpft, letztendlich um diese zu sammeln und damit Reichtum zu erlangen. Opportunitäten – hm – denkt sich der Teufel dabei und schnippt eine Goldmünze in den Himmel.

Naja, jedenfalls finde ich die Bauhausentwicklungen befreiend innovativ und Erich Borchert ist geliked!

1922 zeichnet Alexej von Jawlensky „Kopf“, fünf Radierungen auf Papier und beeindruckt mich, wie man mit so wenigen Strichen Charakter darstellen kann. Und schon wieder liest man in seiner Kurzbiografie Bauhausnamen, wie Wassily Kandinsky und Beschlagnahmung seiner Werke als „entartete Kunst“. Warum soll das Volk solche Bilder nicht sehen? Weil Künstler Macht haben über das Volk? Politik hat Angst vor Kunst? Künstler sind Influencer – hm –

„Wir haben jahrelang auf hunderten Konzerten rekrutiert
Um den militanten Untergrund zu stärken
Nicht zu durchdringen für Verfassungsschützer.
Andere Bands haben Fans, aber wir haben eine Stadtguerilla
Wir führen die dankbaren Menschen aus der Postmoderne.”9

Geschminkt, optimiert und depressiv in einer Glitzer- Glämmer- Scheinwelt – hey, da ist es wieder das Phantasién! – Heute sind es nicht mehr “die Damen von Welt”… oder so schön 1929 ins Bild gebracht von Werner Scholz die “Halbweltdame am Caféhaustisch”. Das ist verstaubt und jetzt so nicht mehr gültig. Heute “zahlen wir Steuern und haben hübsche Kinder,”10 sind schlank, umweltfreundlich-sportlich, jobzufrieden-gutbezahlt und selfigeeignet optimiert langweilig. “Dame von Welt” ist nicht mehr erstrebenswert. Aber trotzdem ein sehr gut gelungenes Gemälde von Herrn Scholz.

Vielleicht passt ja “Die Dame der Gesellschaft” (1930) von Max Ackermann in Öl festgehalten besser in unser hübsches postmodernes Weltbild? Aber beim näheren hinsehen wohl doch nicht. Sie passt mehr in diese Zwischenebene des aufstrebenden 30% Quotenaufsichtsratmitgliedes, somit schwupp wieder in der Moderne versackt und zynisch-forschend durchdringend betrachtet von der “Zigarettenraucherin” von Conrad Felixmüller. Die weiß, was sie will und schmiedet Pläne des Mobbing und Kampfes mit Wut in den Augen.

Hanns Haas` “Colette” passt jetzt am besten in unser heutiges Frauenaussehensbild. Man denkt ja nicht, dass das Bild schon 1932 gemalt wurde. So wiederholt sich also die Mode nicht nur in den Gedanken und der Kultur der Gesellschaft.
Bei den „Nachtgedanken“ von Martel Schwichtenberg von 1919 musste ich sofort und ohne Umschweife an Mine & Edgar Wassers „Aliens“ denken – noch Fragen?

„Ich bin wie du, du bist nur etwas anders
Ich versteh‘ dich nicht, ich bin hier nur gelandet
Ich hab‘ Angst vor dir, deshalb mach‘ ich dich kaputt.”11

Aber vielleicht deute ich da was Falsches in das Bild hinein.

Vielleicht sehe ich nur das, was mir groß und breit vor die Nase gesetzt wird. Wenn ich nämlich genau hinsehe, gibt es dort auch noch andere Figuren, ein bisschen weiter in den Hintergrund gerückt und glücklich aussehend. Ahhhh… ist die Welt doch nicht so düster, wie wir uns das wünschen? “Denn unter dem Gejammer, ja da lauert oft Zufriedenheit”10.
Nagut, nicht bei allen und überall, es gibt natürlich noch die schlimme Welt des Mackie Messer, das anti-gutbürgerliche Milieu was z.B. Bruno Voigt uns bildlich mit seinem Aquarell “Dreigroschenoper: Kneipe” von 1934 wiedermal vor die Nase schmeißt. Das kommt auch öfter vor in Frank Brabants Sammlung.
Eine wirklich grandiose Zeitwiderspiegelung der 1920er Jahre… oder etwa nicht? Ist das einfach die Menschheit damals, heute, jetzt, vor alledem und immerwieder? Sozusagen ein Reigen von Helene Forster-Sheeran bis hin zu K.I.Z. und Tareks “Golem”?

Da gibt es Musik bei, die kann man nicht bis zu Ende hören….

Immer wegen der Schrecklichkeit. Einmal ist die Musik so schrecklich, dass man den Sound und das Geleiere nicht ertragen kann und zum anderen so schrecklich, dass man die bildlich und textliche Widerspiegelung einer düsteren Gesellschaftsschichtdarstellung nicht aushalten kann. Hm…. Ach was, nehmen wir einfach den Seeed-Mittelweg oder mischen ein bisschen Phantasién hinein. “Sarika mit Zigarette” von Max Beckmann schaut auch fröhlich und zufrieden einher.

Wenn man die Kurzbios der Künstler liest, denkt man, die Kunst- und Kulturszene dreht sich zu dieser Zeit in wilder Geschwindigkeit immer in Weimar und Berlin um die erdmittelpunktliche Achse. So faszinierend ist der Geist und die Aura dieser Städte – zumindest als Tourist kann man das spüren. Wenn man das Kaninchen zu fassen bekommt, ist das ein wunderbares Phantasién für Depressionsaussteiger.
Hier kann man seine Alltagsdepressionen einfach mal zur Seite legen und eintauchen in eine intellektuelle Kunst- und Kulturszene. Weimar z.B. ist ein Pilgerort der 1920er- und Fans der Weimarer Republik.

Das neue “Haus der Weimarer Republik”

schien mir eine hervorragende Sammlung geschichtlicher Darstellungen dieser Zeit. Man sollte unbedingt Zeit mitbringen um sich Schritt für Schritt durch die Geschichtswiderspiegelung führen zu lassen und sich in die Zeit hineinzudenken. Es werden interessante Aspekte offengelegt und viele Fragen in den Kopf gestapelt, so dass man sich völlig in das Denkgebiet hineinvertiefen könnte und unbedingt dem westenweissen Kaninchen in jedes Loch folgen möchte, auch, wenn man den Boden noch nicht sehen kann. So spannend diese Zeit – warum?

„Die Mutter“ (1925) von Gerd Böhme schaut auf das Geschehen mit traurigen Augen, die „Winzerin mit Krug und Brot“ (um 1925) von Fritz Burmann eher skeptisch und müde. Die „Dame mit Reiher“ (1923) von Otto Dix sieht aus wie der Tod. Das „Arbeiterpaar“ (1921) von Conrad Felixmüller irgendwie verschwommen, verzerrt mit inhaltslosem Blick in einer ernsten Welt. Das „Mädchen mit blauer Vase“ (1923) von Karl Hofer schaut nachdenklich. Der „sitzende weibliche Akt“ (1923) von Alfred Hoffmann traurig und „der Lustmord“ (1930) von Karl Hubbuch erinnert mich wieder an die K.I.Z. Musik.

Tja, hier ist nix mit Phantasién, hier ist die Düsternis der Gesellschaft in Friedenszeiten dargestellt. Was denkt da wohl gerade die „Überlegende“ (1923) von Max Pechstein darüber? Oder die „Jette“ (1921) von Christian Schad mit fröhlichem Blick – hm – tja, Gesichter und Portraits so fassettenreich, so dass man zwar denkt einen Zeitgeist hineininterpretieren zu können, aber es eigentlich nicht kann. Die Kunstwerke widerspiegeln vielleicht die Zeit, aber sie widerspiegeln auch einfach irgendeine Zeit. Wahrscheinlich sind die Menschen immer gleich, schon seit sie existieren. Eine unendliche Geschichte eben.

Eure Jana

1 – Michael Ende „Die unendliche Geschichte“
2 – Lewis Caroll „Alice im Wunderland“ – die Grinsekatze
3 – Kummer mit „Nicht die Musik“
4 – Kummer feat. Max Rame mit „Der Rest meines Lebens.“
5 – Peter Fox mit „Der letzte Tag“
6 – Deichkind mit „Dinge“
7 – Seeed mit „G€LD“
8 – K.I.Z. mit „Geld“
9 – Antilopen Gang mit „Das Trojanische Pferd“
10 – Dendemann mit „Keine Parolen“
11 – Mine & Edgar Wasser mit „Aliens“